Vermutungen, ob Burg Reichenberg vielleicht älter als die 1319 ausgestellte Urkunde zur Erbauung der Burg ist, werden wohl immer wieder angestellt. Sie sind aber nach gegenwärtigem Erkenntnis- und Wissensstand nicht haltbar, da Urkunden früherer Erwähnungen in den zuständigen Archiven nicht auffindbar sind. Auch die auf Rheinfels sich befindende Tafel mit den undeutlichen Zahlen MCCLXX oder MCCCXX, die sich auf Reichenberg beziehen und Graf Wilhelm I als Gründer der Burg Reichenberg erwähnen, basieren auf verwitterten Schriftzeichen. Nach Demandt trat Wilhelm die Nachfolge seines Vaters (Graf Dieter V von Katzenelnbogen) nach dessen Tod 1276 an, womit die erste Lesart (MCCLXX = 1270) nicht haltbar ist. Bewusste Fälschungen in später angefertigten Urkunden mit früherem Datum sind nicht selten und auch für Reichenberg nicht ausschließbar. Oft werden so auch ohne Skrupel ungerechtfertigte Besitzansprüche bei Erbauseinandersetzungen geltend gemacht.
Aber auch unbeabsichtigte Lesefehler und Übertragungsfehler, gerade bei dem Namen Reichenberg, können ohne genaue geographische Zuordnung zu Fehlinterpretationen führen. Schloß Reichenberg im Odenwald bei Reichelsheim (erbaut kurz nach 1200), Burg Reichenberg bei Oppenweiler (erbaut 1228), Reichenberg bei Würzburg, Reichenberg im Bayerischen Wald, Reichenberg bei Pfarrkirchen, Reichenberg bei Dresden, Reichenberg in Märkisch-Oderland sind einige Beispiele für die notwendige und genaue Beachtung der Lage. Und nicht von ungefähr habe ich deswegen den Untertitel DORF UND BURG IM TAUNUS gewählt.
Im lnternet erscheint beispielsweise bei der Suche nach Reichenberg als Text zur Burg: Die Burg Reichenberg gehört zu den burgenkundlich auffallendsten Bauwerken ... (Ein Satz, den man immer wieder bei der Beschreibung unserer Burg lesen kann). Aber der Satz geht weiter ... Württembergs, erbaut etwa 1228.
Die Schreibweise wurde je nach Schreibkenntnissen des Landschreibers, Gerichtsschöffen, Schultheißen, Pastors oder Protokollführers oft auch willkürlich gehandhabt. Die älteste Schreibweise in der Urkunde von 1319 ist richenberch. In nachfolgenden Schriftstücken finden sich folgende Schreibweisen: richenberk, richynberg, richberg, richenberg, richenbergk, richinberg, Reichenberg. Aber auch durch ähnlich klingende Namen wie Burg Rheinberg im Wispertal, Reichenstein, Reifenberg, Reichenbach, u.a. kann es durch die handschriftlichen Aufzeichnungen in der Lesart zu Verwechslungen geführt haben.
Die lange Zeit umstrittene Urkunde, nach der Adolf von Nassau 1289 seinen Anteil an Reichenberg an Ulrich von Hanau verpfändet haben soll, ist besonders durch Wagner (1906) einwandfrei widerlegt. Er hat nach vielen Literaturbeiträgen zur Gründungszeit von Reichenberg erstmals wieder die Originalurkunde im Staatsarchiv in Hanau eingesehen. Er stellt fest, dass die fragliche Textstelle Ortenberg und nicht Reichenberg heißt. Richtig ist, dass auf der Rückseite dieser Urkunde eine spätere Notiz zu finden ist, in der Reichenberg vermerkt ist (Wagner, Kunze).
Bei einer zeitgeschichtlichen Einordnung Reichenbergs ist beachtenswert, dass bei einer Gebietsbeschreibung unseres Raumes um 1260 alle benachbarten Ansiedlungen, Höfe, Huben, in der damaligen Schreibweise: husen, sent gewere, welmich, padisberg, rinfils, ... aufgeführt sind, außer einer Erwähnung Reichenbergs in irgendeiner Schreibweise.
Auch die Erwähnung eines späteren Geschichtsschreibers, Reichenberg sei als Eigentum der Grafen von Katzenelnbogen durch König Albrecht im Kampf gegen seine Rheinischen Widersacher 1302 zerstört worden, ist nicht belegbar. Außerdem müsste es sich bei der Urkunde zum Bau der Burg aus dem Jahre 1319 mit Signatur des Erzbischofs Balduin von Trier nicht um einen Neubau, sondern um einen Umbau oder Wiederaufbau handeln. Im Urkundentext steht das Wort construere (lat) = bauen, herstellen, errichten, nicht reconstruere (lat) = wieder herstellen, nachbilden, den ursprünglichen Zustand wieder herstellen.
In der Urkunde gestattet Erzbischof Baldewin von Trier dem Katzenelnbogner Grafen Wilhelm I auf dem Berge richenberch mit seiner Unterstützung eine Burg zu errichten. Sobald sie begonnen worden ist, soll sie ständiges Lehen der Trierer Kirche und ihr geöffnet sein. Anno 10. August 1319. Original im Staatsarchiv Marburg
In dieser Urkunde vom 10. August 1319 gestattet der Erzbischof nicht nur den Bau, er verbindet damit auch die Bedingung, dass diese Burg mit allem Zubehör, sobald sie begonnen worden ist, ständiges Lehen der Trierer Kirche und ihr geöffnet sein soll. Bei dem heutigen Kenntnisstand geht man bei Abwägung aller Erwähnungen Reichenbergs von der Jahreszahl 1319 als dem Gründungsjahr aus.
In der Angabe des Baugeländes heißt es, dass die Burg auf dem richenberch gebaut werden solle. Eine markante Stelle, die als richer Berg (rich im Mittelhochdeutschen = ansehnlich, groß, herrlich) für die Katzenelnbogener Grafen als Ortsangabe für eine Baugenehmigung ein wohlüberlegter Platz darstellt. Es ist ein strategischer Punkt zur Sicherung des Gebietes vom Rhein (Rheinfels) in die Grafschaft. Durch einen Heiratsvertrag zwischen Ludwig, Herr zu Isenburg, und Gräfin Margarethe von Katzenelnbogen für ihre Kinder, Ludwigs Tochter Irmgard und Margarethes Sohn Wilhelm, war es den Katzenelnbogenern zugefallen.
Dieses Gebiet (Dörfer und Gerichte Bornich, St. Goarshausen, Patersberg, Offenthal und Werl), der Name Reichenberg ist dabei nicht erwähnt, ist die Mitgift Ludwigs an seine Tochter Irmgard. Erst beim Bau der Burg und in folgender Zeit wird Reichenberg eine Ortsbezeichnung, die in Urkunden neben den älteren Besitzungen genannt wird.
Burg Reichenberg dient der Wegsicherung von der älteren Katzenelnbogener Rheinfels (1245) in die Grafschaft Katzenelnbogen. Neuere Erkenntnisse (Rainer Kunze) in der Bauplanung sprechen ihr eine ursprünglich viel größere Bedeutung zu. Reichenberg sollte danach Hauptburg und Residenz des Grafenhauses werden. Durch den Tod des Bauherrn Graf Wilhelm I im Jahre 1331 und durch die neuen Besitzverhältnisse des Teilungsvertrag aus dem Jahre 1352 werden die Pläne nicht ausgeführt.
Vom ehemaligen Turm (50 m) der Burg Rheinfels zu den ehemaligen Türmen (40 m) der Burg Reichenberg hat offensichtlich Sichtkontakt bestanden. Auf diese Weise konnten durch vereinbarte Zeichen wahrscheinlich Nachrichten übermittelt werden, wie etwa der Aufbruch eines Wagenzuges von St. Goarshausen über Patersberg ins Hinterland. Vor dem Einsturz des letzten Turmes 1971 konnte man von ihm über die Rheinfels hinweg in den Hunsrück schauen (Luftlinie ca. 4 km).
1319 Erste Erwähnung Reichenbergs in der Urkunde vom 10. August. Erzbischof Baldewin von Trier bekundet, dass Graf Wilhelm von Katzenelnbogen und seine Frau Adelheit die Dörfer Bornich, St. Goarshausen, Patersberg und Offenthal mit allen hohen und niederen Gerichtsbarkeiten, Rechten, Herrschaften, Leuten, Einkünften und allem Zubehör von ihm und der Trierer Kirche als Lediglehen innehaben. Er gestattet ihnen, auf dem Berge richenberch mit seiner Unterstützung eine Burg zu errichten, nachdem sie gelobt haben, dass diese Burg mit allem Zubehör, sobald sie begonnen worden ist, ständiges Lehen der Trierer Kirche und ihr geöffnet sein soll. Er untersagt, die Burg und die genannten Güter einem anderen zu Lehen zu geben oder sie auf irgend eine Weise zu entfremden.
1324 Verleihung der Stadtrechte. Auf Bitte Graf Wilhelms von Katzenelnbogen nimmt König Ludwig IV der Bayer das neuerbaute Schloss Reichenberg mit dem Dorf Husen in seinen Schutz und stattet die daraus zu errichtende Stadt mit den Rechten und Freiheiten der Stadt Frankfurt aus und verleiht ihr einen dienstags abzuhaltenden Wochenmarkt.
Der nur noch in Teilen erhaltene, stark vermoderte Originaltext befindet sich im Staatsarchiv in Marburg.
1326 Edelknecht Hermann Stumpf von Waldeck wird Burgmann auf Reichenberg. Graf Wilhelm gibt ihm als Burglehen 3 Mk. jährlich zu Weihnachten fälliger Gülte, die mit 30 Mk. ablösbar sind.
1328 Ritter Kraft von Allendorf wird Burgmann auf Reichenberg. Dafür soll er binnen Jahresfrist 4 Mk. unter der Bedingung erhalten, dass er zu Reichenberg ein Haus baut und darin wohnt. Diese 4 Mk. soll Kraft so lange erhalten, bis der Graf ihm dafür 40 Mk. gegeben hat, die Ritter Kraft dann mit Eigengütern belegen muss. Dafür sollen er und seine Erben dann Burgmannen zu Reichenberg sein.
1330 Kaiser Ludwig bestätigt Graf Wilhelm von Katzenelnbogen die Freiheiten für Reichenberg von 1324.
1331 Graf Wilhelm gebietet, und lässt dies bei einem Umritt zu Rinvelz (Rheinfels erbaut 1245), zu Rychinberg, zu Katzinelnbogen, zu Twingenberg, ... beschwören, dass keiner seiner geschworenen Turmknechte, Pförtner, Burggrafen und dgl. zur Sicherung seiner Kinder nach seinem Tod weder im Kleinen noch im Großen etwas weggibt. Neben anderen Besitzungen wird nun auch Reichenberg genannt, wohin sich seine Kinder zur Sicherung ihrer Herrschaft und Nahrung begeben sollen.
1331 Nennung Reichenbergs auf einer Grabinschrift im Kloster Eberbach (Rheingau). Sieben Katzenelnbogener Grafen sind in Kloster Eberbach bestattet.
1331 Graf Wilhelm I von Katzenelnbogen, der Erbauer von Reichenberg, stirbt. Sein Sohn Wilhelm II wird sein Nachfolger.
1333 Graf Wilhelm II von Katzenelnbogen ernennt den Ritter Friedrich Brenner wegen seiner Verdienste, die er seinem Vater Wilhelm I geleistet hat, zum Burgmann auf Reichenberg. Er erhält dafür jährlich 10 Pfd. und zwar solange, bis der Graf mit 100 Pfd. ablöst. In diesem Falle soll Ritter Friedrich Brenner 10 Pfd. aus seinen Eigengütern anweisen und dann mitsamt seinen Erben davon Burgmann zu Reichenberg sein.
1347 Nennung eines Truchseß Simon von Reichenberg, der bei Besitzstreitigkeiten im Dorfe Nastätten als Zeuge aufgetreten ist.
29. Juni 1352 (Teilungsurkunde) Graf Wilhelm II von Katzenelnbogen und sein Bruder Eberhard V vereinbaren auf Anraten ihrer jeweiligen Freunde u.a. Walram von Sponheim, Ritter Johann von Battenberg, Simon Franz, Udo Biß, Abfindungen und Abtretungen in verschiedenen Besitzungen. Für Reichenberg wird folgende Vereinbarung getroffen:
Der Brunnen (pütz) auf der Burg soll gemeinsam sein.
Was vom Brunnen aus rheinwärts gelegen ist und die Ställe darunter soll Eberhard erhalten.
Das Übrige mit Mantel, Türmen, Behausung und was an jener Seite liegt mit Vorburg, dale (Siedlung im Tal) und allem Zubehör soll Wilhelm wie bisher gehören.
Graf Eberhard darf wie Wilhelm in gleicher Weise Feuer- und Bauholz schlagen.
Der Platz zwischen dem Brunnen und dem Mantel soll nicht bebaut werden. Beide Grafen geloben einen Burgfrieden gemäß einer darüber ausgestellten Urkunde.
Darin ist festgelegt, dass Eberhard und seine Freunde durch Ort und Vorburg ein- und ausreiten dürfen, ohne Graf Wilhelm zu schädigen, aber auch ohne von ihm und den Seinen gehindert zu werden. Weiterhin ist abgesprochen, dass Graf Wilhelm die Ringmauer in der Weise, wie sie angelegt ist, herumführen soll, die Türme, die in dieser Mauer vorgesehen sind, braucht er jedoch nur zu bauen, wenn er will. Graf Eberhard darf sich innerhalb dieser Mauer eine Wohnung nach seinem Willen errichten, vorausgesetzt, dass dadurch der anderen Burg kein Schaden durch Überbauung entsteht. Graf Eberhard erhält ferner als Garten den Platz, an dem die Kirschbäume stehen, der an des Schäfers Garten beginnt, den Weg an den Weiden entlang geht bis an den Graben und diesen herauf auf den Berg bis zu den beiden Nussbäumen und wieder bis zu dem Schäfersgarten. Graf Eberhard gelobt, diese Anteile weder zu verkaufen noch der Herrschaft der Katzenelnbogener irgendwie zu entfremden und nur mit Rat Graf Wilhelms und Graf Walrams zu heiraten. Heiratet er ohne Zustimmung, verliert er alle Besitzungen wieder.
1353 Graf Wilhelm von Katzenelnbogen und sein Bruder Eberhard schließen auf Rat ihres Schwagers Graf Walram von Sponheim und ihrer Freunde einen Burgfrieden über Reichenberg, den sie zu halten schwören.
Der sal anegene an dem persgaben und da yn über dy bach an dy mülen und den grunt uz biz gen dem baumen zwussen Richenberg und Auwel stet uff dem velde und also de rechte urbirz velt gen hern Friderich Keßlis wingarten und da yn und andersite widder uz biz obin an daz forstchin, daz under Ryzehan liit, und aber da yn und andersite de rechte widder uz uff dy straze, dy under Hushecke hyneget, und dy straze yn biz widder gen dem persgaben.
Innerhalb dieses Burgfriedensbezirkes soll keiner des andern Leib noch Gesinde vorsätzlich angreifen. Wer es doch tut, wird damit meineidig, treu- und ehrlos. Wer eines andern Gut innerhalb dieses Gebietes freventlich angreift, obwohl es verboten ist, und den Schaden auf Mahnung nicht sofort wieder ersetzt, soll gleichfalls als meineidig, treu- und ehrlos gelten. ...
Keiner soll den anderen in diesem Hause oder von dieser Burg aus schädigen. Ihre beiderseitigen Amtleute und ihre in der Burg wohnenden Diener sollen diesen Frieden beschwören und jeder des andern Leib, Gut und Gesinde innerhalb dieses Bezirkes gegen jedermann und so beschützen, als ob es ihm selber gehöre.
Will ein Graf jemand in die Burg aufnehmen (inhalden), so soll er es den anderen wissen lassen, oder es, wenn er diesen nicht erreichen kann, seinem dortigen Amtmann oder Pförtner mitteilen.
Gegen den Trierer Erzbischof soll keiner einen auf die Burg nehmen, da diese dem Erzbischof geöffnet ist.
Welcher Fürst, Graf oder Herr aber auf die Burg genommen wird, dessen Hauptmann soll den Burgfrieden schwören.
Ritter, Knechte und andere aber, die auf die Burg gelassen werden, müssen den Burgfrieden schwören. (verkürzte Darstellung)
Beide Grafen geloben, alle diese Punkte unverbrüchlich zu halten und siegeln gemeinsam mit Graf Walram von Sponheim, den Rittern Udo Biß, Johann Marschall von Waldeck, Heinrich Beyer von Boppard d. J. und Johann von Liebenstein.
1363 Ritter Konrad von Schöneck, gen. der Rote, und sein ältester Sohn Konrad bekunden, dass sie durch den Grafen Wilhelm von Katzenelnbogen Burgmannen auf Reichenberg sein sollen.
1367 Nennung Konrads von Reichenberg als Grenznachbar des Henne Wolf von Patersberg.
1371 Graf Wilhelm II von Katzenelnbogen stiftet auf seinem Schloss Reichenberg zum eigenen Seelenheil und das seiner Frau Else, seines Bruders Eberhards und Anverwandten in seiner Kapelle einen Altar mit einer ewigen Messe mit Zustimmung des Pastors Wilhelm zu Bornich, in dessen Pfarrei die Kapelle gelegen ist.
1371 Nennung des dem Katzenelnbogener Grafen Hörigen Henne von Dickschied, der in der Freiheit von Reichenberg ansässig ist und dorthin sein Gut gebracht hat.
1372 Auf Reichenberg datierte Urkunde vom 10. März. Im Schloss zu Reichenberg in Wüsschebudels Haus sind der Lierschieder Pfarrer Arnold, der Oberwallmenacher Pfarrer Thielmann, der Reichenberger Kaplan Forlip zusammengekommen. Sie sind bereit, den Überfall des Schultheißen Göbel Hach, von Nassau, bei der Altarweihe in Oberwallmenach zu beschwören. Der Bischof Johann von Tramyd befand sich mitten in der Altarweihe (mit Salz, Asche und Wasser), als der Angriff geschah. Ritter Pinner von St. Goar als Begleiter des Bischofs, konnte die Angreifer überwältigen und gefangen nehmen.
1374 Bestallungsurkunde (auf Rheinfels ausgestellt): Ritter Johann Brenner von Lahnstein wird von Graf Wilhelm von Katzenelnbogen zum Amtmann über Schloss (sin sloß) Reichenberg und Herrschaft bestellt. Er soll dort mit fünf Gewappneten und sechs Pferden liegen und Schloss und Herrschaft auf eigene Kosten und Verluste schirmen und schützen. Er gelobt, keinen Ersatz für die Schäden, die er dabei erleidet, zu fordern. Gewinnt er denjenigen, die gegen Schloss und Herrschaft sind, etwas ab, soll er es genießen.
1375 Ritter Johann Brenner von Lahnstein bekundet, dass er Schloß und Herrschaft Reichenberg auf dem Einrich, die ihm Graf Wilhelm II von Katzenelnbogen amtsweise übertragen hatte, wieder aufgegeben hat.
1376 Auf das Haus Reichenberg sind von Heinz Schlitzauge aus Reitzenhain und seiner Frau Hebel jährlich zwischen dem 15. August und 8. September Abgaben zu leisten. Zum Unterpfand setzen sie folgende Güter:
die Hofraithe zu Reitzenhain, auf der Schlitzauge sitzt
seine nächsten Stücke Land am Forste
seine Wiese unter Schruthünes Scheuer
seine von Storen gekaufte Wiese im Reitzenhainer Niederbach unter seinem Weinberg
1378 Eberhard von Reichenberg, unebenbürtiger Sohn des Grafen Eberhard V von Katzenelnbogen, wird am 12. Oktober als Pfarrer von Lay vorgestellt. 1393 Kanoniker in St. Goar und noch 1404 als Pastor in Lay genannt. 1397 ist er zugleich Zollschreiber Graf Eberhards.
1380 Urkunde auf Reichenberg ausgestellt über Boemund von Hohenstein für Gerlach von Rheinberg, der den Thammo von Wesel gefangen genommen hat.
1380 Johannes, Schreiber des Graf Wilhelm von Katzenelnbogen, bekundet, nachdem Gerlach von Rheinberg den Thammo von Wesel gefangen genommen hat, dass er, seit der von Ritter Johann Piner und dem Reichenberger Amtmann Boemund von Hohenstein zwischen Graf Wilhelm von Katzenelnbogen und Gerlach von Rheinberg geschlossene Sühne, einen Absagebrief Thammos an Gerlach weder angesagt noch geschrieben hat.
1380 Kapellenbau und Altarweihe. Diese zweite Kapelle (heutige Dorfkirche) ist in die Ringmauer eingebunden und bildet den südlichsten Bau in der Vorburg. Die Urkunde im Archiv zu Marburg sagt aus, dass Wilhelm II von Katzenelnbogen am Fuße der Burg eine Kapelle ausstattete und ihre Weihe zu Ehren der Schutzheiligen Georg und Christopher vornehmen lässt.
1382 Ludwig, ein freier Walpode, Herr zu Waldmannshausen, erhält von Graf Wilhelm von Katzenelnbogen zahlreiche Lehen und Zubehör. Dafür soll er Burgmann auf Reichenberg sein.
1383 Der Edelknecht Wilhelm von Staffel bekundet, dass er sich mit Graf Wilhelm von Katzenelnbogen wieder gütlich verträgt und Burgmann zu Reichenberg geworden ist. Er soll dem Grafen bis zum kommenden 24. Juni 10 fl. von seinen Eigengütern, die nahe der Herrschaft gelegen sind, anweisen, sodass sie gut belegt sind. Sollte Wilhelm oder dessen Erben die Burgmannschaft aufgeben, so müssen sie dem Grafen zuvor 100 fl. bezahlen.
1383 Die Brüder Reinhard und Dietrich von Schönborn erhalten von Graf Wilhelm von Katzenelnbogen 60 fl. St. Goarer Währung, wofür sie Burgmannen auf seinem Schloss Reichenberg sein sollen.
1383 Am 9. August beurkundet auf Reichenberg der kaiserliche Notar Johann Hellinger von Oberwesel und Kleriker des Trierer Bistums, dass sich Getze von Rettershain vor dem Grafen Eberhard von Katzenelnbogen schuldig bekennt, ihm 40 fl. schuldig zu sein.
1385 Vollendung des Ostanbaus, Ausbauarbeiten an der Vorburg und Wirtschaftsburg, Scheunen und Keller.
1385 Tod des Grafen Wilhelm II von Katzenelnbogen, sein Bruder Eberhard V von Katzenelnbogen erbt Reichenberg.
1392 Herr Forlip von St. Goar, Kaplan zu Reichenberg, und Frau Mechthild verfassen ein Testament über die Errichtung eines kirchlichen Amtes zur Feier von Messen für Graf Wilhelm II von Katzenelnbogen.
1393 Eberhard von Reichenberg (Neffe von Graf Eberhard V von Katzenelnbogen) Pastor zu Lay, wird als Zeuge in einem Rechtsstreit aufgeführt.
1397 Nennung von Eberhard von Reichenberg, Pastor zu Lay, als Zollschreiber.
1400 Ritter Kraft von Allendorf d. J. hat 4 Mk. Geldes, wofür er Burgmann zu Reichenberg ist.
1400 Graf Eberhard V von Katzenelnbogen und seine Tochter Anna bekunden, dass sie in Übereinstimmung mit dem Pastor Wilhelm von Bornich und dem ständigen Vikar der Kirche zu Bornich, Trierer Diözese, Johann Diez von Bacharach und den Gemeinden Patersberg und Reichenberg zu Ehren der Heiligen Dreifaltigkeit, Marias, Christopherus und Egidius die Kapelle mit Friedhof in Patersberg, Filiale der Mutterkirche in Bornich, mit eigenen Einkünften ausgestattet haben. Die Kapelle in Patersberg soll in Zukunft einen eigenen, dort persönlich residierenden Pfarrer haben. Die Einwohner von Patersberg und Reichenberg verpflichten sich, die Kapelle oder Kirche in Patersberg als ihre Pfarrkirche anzuerkennen. Patersberg und Reichenberg sollen sich bei Subsidien und Zehnten der Bornicher Kirche an den Erzbischof von Trier mit einem Drittel beteiligen.
1402 Wiegand Straß von Schönborn d. J. wird Amtmann zu Reichenberg und erhält dafür von Graf Eberhard von Katzenelnbogen ein Burglehen zu Schwalbach.
1402 Auf Reichenberg wird eine Urkunde über Mannlehen und Gülten ausgestellt (D. Richenberg 1402 ipsa die Andree apostoli; 30. Nov.).
1410 Lorenz Grans von Heppenheft erhält von Graf Johann von Katzenelnbogen getreuer Dienste wegen 2 fl. jährlich zu Martini von Reichenberg, wofür er dort Burgmann sein soll.
1410-1413 Kauwertzan ist Kellner zu Reichenberg. Er wird als Zeuge genannt bei einem Tausch von Hörigen zwischen Philipp von Gerolstein und dem Grafen Johann von Katzenelnbogen.
1419 Erzbischof Otto von Trier belehnt den Grafen Johann IV von Katzenelnbogen mit dem Schloss Reichenberg und Zubehör, mit Bornich, St. Goarshausen, Patersberg und Offenthal.
1425 Helle Smeitze von Reichenberg hat in Patersberg einen Weinberg. Wegen Zinsversäumnis wird er ihm von den Schöffen aberkannt. Durch das Kloster Eberbach wird er an Klaus Magermann zu Husen (sentegewershusen) in Erbbestand gegeben.
1425 Ausführliche Abrechnungen des Reichenberger Kellners, Heinz von Ackerbach, über seine Einnahmen und Ausgaben an Frucht, Geld, Wein und sonstige Naturalien. Sie lassen auch einen Rückschluss zu auf notwendigen Kellerraum und Lagerraum, um die aufgeführten Mengen im Schloss zu speichern.
Einnahmen Ausgaben |
Waren | Menge | Teilmenge | Erläuterung |
---|---|---|---|---|
Einnahmen | an Korn | 361½ Ml. | 4 Sm. | (ca.960 Zentner) |
an Weizen | 17 Ml. | 3 Sm. | ||
an Hafer | 239 Ml. | 1 Sm. | ||
an Wein | 55 Fd. | |||
an Geld | 63 fl. | 6½ alb. | ||
Ausgaben | an Korn | 309 Ml. | 1 Sm. | |
an Hafer | 184 Ml. | 2 Sm. | ||
an Wein | 18½ Fd. | |||
an Geld | 49 fl. | 2 alb. | ||
(1 Malter = 158,13 l ca. 132,5 kg) |
Einnahmen und Ausgaben beziehen sich auf Hörige und Lehen vieler Orte im Umkreis. Mit den Ausgaben werden Dienste, Handwerkerrechnungen, Anschaffung von Geräten, Ankauf von Vieh und dgl. beglichen.
Selbst die Kosten für den Aufenthalt der gräflichen Familie oder sonstiger Personen, Jäger, Hundeführer, Waidleute, werden genauestens festgehalten. Nicht so ohne weiteres denkt man dabei z.B. an Ausgaben für das Eichen der Fässer, Unkosten für das Unterbringen von Henkersknechten im Wirtshaus von Reichenberg, Bezahlung von Wagenknechten, welche die Gräfin nach Ems zum Bade fahren.
Als die gräfliche Familie im Juni 1425 auf ihrer Burg weilt, verbraucht sie 1 Fd. (ca. 1.000 l) Wein!!
1427 Konrad Letsche ist bis 1455 Kellner auf Burg Reichenberg.
1432 Die Zollschreiberei/Rheinfels vermerkt für Reichenberg verschiedene Ausgaben. So unter anderem:
Mengenangabe | Verwendung |
---|---|
16 alb. und 2 kelber, | als myn junger jungher zu Richenberg waz und vor yse nit uber Ryn kommen mochte. Scolastice virginis (10. Februar) |
1 fl. 6 alb. und zwei kelber, | als die herschaft dar qwam von Eymtze (Ems) uß dem bade (2. Juli) |
6 fl. umb 2 kuwe, | als myn bede junghern zu Richenberg gewest sint und die perde da stunden 5 wochen. |
1434 Die Abrechnung des Reichenberger Kellners weist für dieses Jahr aus:
Einnahmen Ausgaben |
Waren | Menge | Teilmenge | Erläuterung |
---|---|---|---|---|
Einnahmen | an Korn | 347 Ml. | 7½ Sm. | (Pachtkorn, Zehntkorn, Korngülte, ständige Korngülte aus den Mühlen) |
an Hafer | 245 Ml. | 3½ Sm. | 1 Sester (Pachthafer, Zehnthafer, ständige Hafergülte) |
|
an Weizen | 22½ Ml. | 3 Sm. | ||
an Wein | 5 Fd. | davon 1 Fd. zu Reichenberg gewachsen | ||
an Bier | 3½ Fd. | 2 Ohm | ||
an Geld | 82½ fl. | 14 alb. | ||
Ausgaben | an Korn | 621½ Ml. | 2½ Sm. | |
an Hafer | 70 Ml. | 2 Sm. | ||
an Weizen | 22 Ml. | 3 Sm. | ||
an Geld | 71½ fl. | 10½ alb. |
Entlohnung in Form von Naturalien erhalten:
Mengenangabe | Verwendung |
---|---|
6 Ml.Korn | dem Turmknecht Dumen und |
4 Ml. | dem Turmknecht Henne Husen auf seinen Lohn |
6 Sm. | für die Weinlese |
2½ Ml. | für Borte (Bretter) und Nägel und andere Kosten in der Mühle zu Reichenberg, von dem bederich zu machen |
3 Ml. | für den Zaun um den Reichenberger Kirchgarten zu machen |
2 Ml. | dem Glaser (gleesser) von eyme fynster!! |
1 Ml. | Gilman und Henne Bruntzel als Wächterlohn |
2 Ml. | dem Küfer Kunz für seine Dienste während des Jahres |
2 Ml. | dem Bäcker zu Reichenberg und einen Rock |
1 Ml. | dem Kuhhirten zu Reichenberg |
2 Ml. | dem Schmied zu Reichenberg für das Hufbeschlagen der gräflichen Pferde |
1 Ml. | Wächterlohn für die Tore im Ort (von den porten yn dem dail zu Richenberg) |
Ausgabe an Korn, das zu Reichenberg gegessen wurde:
Mengenangabe | Verwendung |
---|---|
24 Ml. | erhält der Kellner des Schlosses wegen |
16 Ml. | haben die Freunde des Grafen, die Holz- und Dienstwagenführer und andere verzehrt |
2 Ml. | Brot, als die Wiesen gemäht, das Gras gespreitet und das Heu gemacht wurde mit den Hörigen (luden) |
1½ Ml. | Brot kam zu Schafschur im Mai in die Schäfereien zu Reichenberg, Lierschied und Patersberg |
2 Ml. | für die Mistfahrer |
1 Ml. | erhielt der Knabe Lenz, der zu Reichenberg den Mist mit den Pferden von Michaelis bis Ostern herausführte |
2½ Ml. | dem Schäfer zu Reichenberg |
Die Ausgabe von Hafer geschieht vornehmlich an Amtleute, Diener, Knechte, Landschreiber und andere Personen zur Versorgung ihrer Pferde oder Zugtiere, so unter anderem auch an die Waidleute Geiß, Stubaß und Wynbudel als der Graf von Ostern bis Himmelfahrt hier weilte, oder als Geiß und Kreuz die Blaufüße (Falken) suchten.
Ausgaben an Geld:
für Wachs in den Reichenberger Kapellen
für Henne Römer, als er einen Pfau (phaen) nach Darmstadt trägt!! u.a.
1435 verzeichnet der St. Goarer Zollschreiber Siegfried von Gelnhausen umfangreiche Ausgaben für:
Name | Arbeitsleistung |
---|---|
Susenhenne | 162 tage |
Kunenhenne | 156 tage |
Kriebelstirn | 146 tage |
Romershenne | 160 tage |
Brunczelhenn | 156 tage |
Peter Romer | 158 tage |
Jorgenhennen | 160 tage |
Gillman | 161 tage |
Snyders Heintze | 159 tage |
Muselern | 51 tage |
Romer dem alten | 25½ tage |
Dies sind alles Reichenberger Handwerker aus dem Dorf, die auswärtigen Arbeiter und Handwerker werden jeweils mit dem Ort, aus dem sie kommen, genannt.
Außerdem werden als Lohn für die Arbeiten in den Weingärten (wingarten) 11 fl. 15 alb. verrechnet.
Dem Gesinde zu Reichenberg werden von einer Weihnachten zur anderen gezahlt:
Betrag | Empfänger |
---|---|
4 fl. | dem kelner, |
22 fl. | den zweyn thornknechten, |
8 fl. | den zwein knechten uff der smytten, |
5 fl. | Heintzen dem knecht, |
5 fl. | der medde, |
4 fl. | dem portner |
In den folgenden Jahren werden für Arbeiten in daz werck (Baustelle) Richenberg Rechnungen in ähnlicher Höhe für Reichenberger Arbeiter zur Auszahlung angewiesen. Die Ausgaben sind natürlich wesentlich größer, wenn man die Ausgaben für Arbeiter anderer Dörfer hinzurechnet.
1437 Abrechnung des Reichenberger Kellners Konrad Letsche über seine Einnahmen und Ausgaben an Frucht, Wein und Geld im Jahre 1437 (auszugsweise):
Einnahmen Ausgaben |
Waren | Menge | Teilmenge 1 | Teilmenge 2 | Erläuterung |
---|---|---|---|---|---|
Einnahmen | an Korn | 262 Ml. | (Zehntkorn, ständige Korngülte, Mühlenkorn) | ||
an Hafer | 213 Ml. | 1 Sm. | |||
an Weizen | 26½ Ml. | 3 Sm. | 1 Dl.(?) | ||
an Geld | 21 fl. | 8½ alb. | 3 h. | ||
an Wein | 1 Ohm | ist dieses Jahr zu Reichenberg gewachsen! |
Die Einnahmen an Korn einmal anders aufgesplittet ergibt folgende Zahlen: Von den nach Reichenberg gehörenden Höfen
Ort | Menge | Teilmenge 1 | Erläuterung |
---|---|---|---|
in Kasdorf | 4 Ml. | 6 Sm. | |
in Ruppertshofen | 6 Ml. | 6 Sm. | Klüppels Hof |
8 Ml. | 7 Sm. | Hintzen Hof | |
in Ölsberg | 4 Ml. | ||
in Bogel | 3 Ml. | ||
in Auel | 9 Ml. | ||
in Reichenberg | 7 Ml. | ||
in Wallmenach | 8 Ml. | ||
in Bornich | 6 Ml. | Hans' Hof | |
7 Ml. | Eberhards Hof | ||
in Weyer | 15 Ml. | von der alten Hoffrau | |
in Patersberg | 13 Ml. | ||
Zehntkorn fiel an: | |||
zu Offenthal und Wallmenach | 18 Ml. | ||
zu Bornich | 12 Ml. | ||
zu Auel | 3½ Ml. | ||
Korngülte insgesamt | 86 Ml. | 1½ Sm. |
Von den Schultheißen zu Wallmenach, Reitzenhain, Ruppertshofen, Himmighofen, Diethardt, Winterwerb, Lierschied, Zorn, Ölsberg, Bornich, Buch, Nastätten,
von den Höfen: Slynkenhof zu Bornich, vom Hofe des Mondis Hentze zu Reitzenhain, von Henne Kielmann von Kasdorf, von Henne Vogt von Bornich, von Henne Ransel von Bornich, von Foysen von Bornich, von Heinz Wagenknecht zu Nastätten, vom alten Wiegand (Offenthal), vom Helgenhof (Offenthal), vom Hof des Henne Mohr (Offenthal)
Menge | Erklärung |
---|---|
Mühlenkorn: | |
15 Ml. | von der Mühle zu Reichenberg |
16 Ml. | von der Mühle zu Bornich |
9 Ml. | von der Lumpenmühle |
2 Ml. | von der Mückenschweiß' Mühle zu Nastätten |
6 Sm. | von der Zippenmühle |
1½ Ml. | von der Sylen Mühle zu Lierschied |
Ausgabe an Korn (auszugsweise): | |
6 Ml. | für den Kaplan zu Reichenberg für die Kapelle |
½ Ml. | für den Scherer (Haarschneider) zu St. Goar, das Gesinde zu Reichenberg zu scheren |
½ Ml. | den zwei Pförtnern im Ort (yn dem dail) |
1Ml. | dem Schmied zu Reichenberg für das Beschlagen der Pferde und Reparaturen an der Brücke (Zugbrücke) |
57 Ml. | sind zu Reichenberg (Burg) gegessen worden |
Ausgabe an Hafer (auszugsweise): | |
19 Ml. | verbrauchten 150 Schweine während 18 Tage im November |
16 Ml. | verbrauchte das Pferd des Kellners |
Ausgabe an Geld (auszugsweise): | |
4½ alb. | 166 Eier für die Herrschaft zu Weihnachten |
15 fl. | ein Pferd, das Durchdenwald zu Rheinfels erhielt |
Lohn für den Zimmermann Hans Nebiger u.a. für das Ausbessern des Kelterhauses zu Reichenberg und Reparaturen an der Brücke.
Empfänger | Lohn |
---|---|
Reichenberg: | |
Lohn für in daz wercke zu Richenberg | 139fl. 9 alb. 2 h. |
Klotzere, werckmeister | 172 tage |
Brands Henne | 160 tage |
1437 Erzbischof Raban von Trier gibt Graf Johann von Katzenelnbogen Feste und Schloss Reichenberg mit Zubehör als Lehen.
1438 Wilhelm von Bolland, Herr zu Rolleye, erhält als Vormund der Kinder seiner Schwägerin ein Burglehen zu Reichenberg mit jährlich zu Martini 10 Pfd. Geld, die für 100 Pfd. vom Grafen Johann von Katzenelnbogen rückkäuflich sind, wofür sie Burgmannen zu Reichenberg sind.
Jahr | Personen/Begebenheit |
---|---|
1445 | Wilhelm von Boland, Herr zu Rolleye |
Friedrich von Brandenburg, Herr zu Clerf | |
Johann von Burtscheid, Herr zu Esch | |
bekunden, dass bei der Teilung der Güter Gottfried von Esch als Miterbe seinen Anteil von 10 Pfd., die sie zu Reichenberg als Lehen von dem Grafen von Katzenelnbogen besitzen, erhalten hat. | |
1445 Erzbischof Jakob von Trier belehnt Graf Philipp von Katzenelnbogen mit dem Schloß Reichenberg mit Zubehör, mit Bornich, St. Goarshausen, Patersberg und Offenthal. | |
1445 Adam von Allendorf erhält von Graf Philipp von Katzenelnbogen u.a. folgendes Burg- und Mannlehen: 4 Mk. jährlich zu Weihnachten vom Zoll zu St. Goar und ein Haus im Ort St. Goarshausen bei der Mauer als Reichenberger Burglehen. |
1447 Gottfried fordert die ihm von Reichenberg zustehende Pfründe. Der Graf will sie gewähren, wenn eine entsprechende Urkunde vorgelegt wird.
1447 Von Reichenberg aus schreibt Graf Philipp von Katzenelnbogen an den Erzbischof Dietrich von Mainz und bittet ihn, 50 Zfd. Wein zollfrei durch den Lahnsteiner Zoll passieren zu lassen, um damit seine Schlösser zu versorgen.
1448 Gottfried, Herr zu Esch und Ludwig Zandt, Vogt in Hamm bekunden die Beede von Reichenberg. Die 10 Pfd. Reichenberger Burglehen sind mit 100 Pfd. jederzeit ablösbar.
In den Jahren 1448 bis 1453 werden auf Richenberg immer wieder Briefe geschrieben, Urkunden erstellt oder Nachrichten empfangen, ein Indiz für den häufigen Aufenthalt des Grafen Philipp auf seinem Schloss Reichenberg.
1450 Der Graf schreibt an den Bürgermeister im Rat der Stadt Frankfurt, dass er ihm Christian Ganz mit einem Auftrag zuschicke.
1451 Der nassauische Kellner zu Hadamar und Ellar, Gilbrecht, schickt den Boten Henne Graylshoben mit einem Brief von Ellar nach Reichenberg an den Grafen Philipp von Katzenelnbogen.
1451 Der Junggraf Philipp (gest. 1453) von Katzenelnbogen sendet einen Boten zu Kuno, Herr von Westerburg und Schaumburg, mit einer Schätzung des Westerburger Silbers und ist bereit, ihm dasselbe abzukaufen (Wert = 1.200 fl.). Genaue Auflistung aller Gold- und Silbergeräte sowie Edelsteinen und Perlen.
1453 Die Abrechnungen des Reichenberger Kellners für das Jahr 1453:
Einnahmen Ausgaben |
Waren | Menge | Teilmenge | Erläuterung |
---|---|---|---|---|
Einnahmen | an Korn | 217 Ml. | 3 Sm. | |
an Weizen | 37 Ml. | weniger 3 Sm. | ( Preis für Weizen:1 Ml. = 1fl.) | |
an Hafer | 195 Ml. | weniger 1 Dl. | ||
an Wein | 6 Fd. | davon sind dem Grafen zu Reichenberg 2 Fd. gewachsen | ||
an Geld | 36 fl. | 17½ alb. | ||
Ausgaben | an Korn | 66 Ml. | 2 Sm. | |
an Hafer | 54 Ml. | 4 Sm. | 8 Sester | |
an Wein | 6 Fd. | |||
an Geld | 108 fl. | 12½ alb. | 8 h. |
Die ausführlichen Angaben über Auslagen verschiedenster Art lassen auf ein Jahr voller Betriebssamkeit auf dem Schloss schließen. Nicht nur die gräfliche Familie weilt des öfteren hier, auch viele Freunde, Bekannte und Jagdgesellschaften sind zu Gast.
Der Graf ist am 17. April mit dem Junker Bernhard von Solms mit 40 Pferden, am 7. Mai mit 10 Pferden anwesend.
Am 9. August ist Junker Kuno von Westerburg und seine Frau anwesend mit 16 Pferden.
Der Graf ist am 30. und 31. August mit 9 Pferden im Schloss, der Jäger Kreuz bleibt bis zum 2. September.
Am 23. September hat der Graf den Herrn Daniel von Mudershausen und Junker Kuno von Reifenberg mit 18 Pferden zu Gast.
Am 25. September trifft der Waidmann Henne mit den Hunden ein. Am 27. September erscheinen noch Klaus Koch, Kochel, Johann, Wolf, Peter, Henne und Kompe, um mit dem Grafen zu jagen.
Erneut ist der Graf
am 10. Oktober mit 22 Pferden,
am 20. Oktober mit 31 Pferden,
am 24. und 25. Oktober mit 17 Pferden auf der Burg.
Am 6. Dezember erscheint der Graf in Begleitung der Gräfin. Zusammen mit Jagdfreunden, Jägern und Treibern geht es zur Schweinshatz in die Weiseler Wälder. Das gleiche wiederholt sich vom 10. bis 12. Januar.
Vom 18. bis 20. Januar ist der Graf mit Gefolge auf Reichenberg und reitet von hier nach Gronau.
Graf und Gräfin reisen am 2. April mit 26 Pferden und 4 Wagenpferden an und nochmals am 25. April.
Der Marstall (heute im Volksmund fälschlich als Rittersaal bezeichnet) reicht oft nicht aus, um alle Pferde unterzubringen, aber die umfangreichen Stallungen und Scheunen (auf der heute so genannten Scheuerwiese) bieten noch genügend Raum.
Interessante Ausgaben werden getätigt (auszugsweise), als der Amtmann von Hohenstein, der Schultheiß von Nastätten und der Büttel von Kemel nach Reichenberg kommen und letzterer den Henker von Mainz mitbringt, als Clebiiß die ungarischen (ungerschen) Pferde bringt.
Menge | Masseinheit | Grund Bemerkung |
---|---|---|
Ferner werden Ausgaben gebucht: | ||
3½ | alb. | für die Seile zur Uhr (zu der uwern), |
1 | fl. | für den Mönch von Arnstein, als er den Born fasst (leit). |
Weitere Ausgaben sind angeführt für das Mähen der Wiesen zu Reichenberg, Ruppertshofen, Kasdorf, Himmighofen, Nastätten, Schottenau, Bettenroit und Wallmenach. Insgesamt werden für die Arbeitskräfte 3½ Ml. Korn verbacken und gegessen. | ||
½ | Ml. Korn | für das Beschließen der zwei Pforten im Orte Reichenberg |
6½ | Ml. Korn | an Schäferlohn dem Reichenberger Schäfer |
6 | Ml. Korn | Korn dem Kaplan zu Reichenberg |
1 | fl. | für Wachs in die Kapelle auf der Burg und im Ort |
1457 Graf Philipp der Ältere von Katzenelnbogen bekundet, dass er am heutigen Tag (9. September) von Erzbischof Johann, Erwähltem und Bestätigtem zu Trier, das Schloss Reichenberg mit Zubehör, Bornich, St. Goarshausen, Patersberg und Offenthal als Lehen empfangen hat.
1463 Heinrich von Reichenberg, genannt Schultheiß, bekundet, dass er als Diener des Grafen Philipp von Katzenelnbogen seinen Jahreslohn von 7 fl. und für ein im Dienste des Grafen verlorengegangenes Pferd 24 fl. erhalten hat. 12 fl. hat der Graf selbst gegeben, die übrigen 19 fl. hat ihm Junker Thiele, Vogt in Klingelbach, gegeben.
1479 Abrechnung des Kellners Klaus Kochel zu Reichenberg über Einnahmen und Ausgaben an Geld, Frucht, Wein, Geflügel und Lämmern im Jahre 1479 (Juni) bis 1480 (Juni).
Einnahmen Ausgaben |
Bezeichnung | Menge 1 | Menge 2 | Menge 3 | Grund Bemerkung |
---|---|---|---|---|---|
Es ist dies eine umfangreiche und auch etwas anders aufgeschlüsselte Abrechnung, die das weitverzweigte Gebiet mit den größeren und kleineren Besitzungen und Einnahmequellen aufzeigt, die den Katzenelnbogenern zu Reichenberg als Lehen zustehen. Eine Auswahl dieser Aufzeichnungen: | |||||
Einnahmen | an Geld | 246 fl. | 2½ alb. | 3 h. | |
an Geldgülte | 42 fl. | 6½ alb. | |||
an Geld für Verschiedenes | 113 fl. | 18 alb. | 9 h. | ||
(Leibesbeede, vom Heuzehnten, für Wolle, für Wein) | |||||
an Geld für verkaufte Frucht | 190 fl. | 4 alb. | |||
Gesamtausgaben an Geld | 240 fl. | 8 alb. | |||
Ausgabe an Geld für Gesindelohn | 77 fl. | 11 alb. | |||
(u.a. erstmals Lohn für zwei Wächter in der Mühle, Fleisch und Küchenspeise für den Kellner und das Gesinde, für den Kaplan zu Reichenberg, Hausknecht und Pförtner) | |||||
Ausgabe an Geld für Verschiedenes | 136 fl. | 9 alb. |
Bezeichnung | Verwendung |
---|---|
Lohn | für 22 Frauen, welche die Schafe geschoren haben; für zwei Dachdecker, die an 6 Tagen Kornhäuser und Scheunen gedeckt haben; für den Harnischfeger von Mainz, der des Grafen Philipp Turnierzeug (thornes geschuck) instand gesetzt hat; für 2 Maurer, die an der Brücke 2 Mauerstücke ausbesserten (deye kracz wider zu bauwen); für 2 Zimmerleute 28 Tage lang, welche die hespel auf der Mauer und die Dielen auf der Brücke gemacht haben; für 2 Drescher an 40 Tagen, welche den Zehnten zu Wallmenach, Offenthal und Auel gedroschen haben; Unkostenerstattung für den Wirt von Reichenberg, als der Henker mit seinen Knechten im Wirtshaus einkehrte. |
Einnahmen Ausgaben |
Bezeichnung | Menge 1 | Menge 2 |
---|---|---|---|
Ausgabe an Geld für Imbisse: | 636 Imbisse, | 1 alb. | pro Imbiss |
= | 26 fl. | 12 alb. | |
Die Aufstellung der Unkosten für Imbisse wird erst nach dem Tode des letzten Katzenelnbogener Grafen vorgenommen. Überhaupt sind die Abrechnungen bis hin zu jedem einzelnen Imbiss genau aufgeführt. Sind es Anweisungen des neuen Herrn, des Landgrafen Heinrich von Hessen? |
Anzahl | Beschreibung |
---|---|
77 Imbisse | haben Junker Sittich von Berlepsch und seine Knechte und sein Knabe gehabt während 12 Tagen, als der Landgraf Heinrich von Hessen seine neuen Besitzungen besichtigt hat. |
112 Imbisse | haben Junker Johann von Schönborn und seine Knechte gehabt, die 4 Wochen lang nach Junker Sittich auf der Burg blieben. |
140 Imbisse | für zwei Knechte mit Armbrüsten, die vier Wochen lang nachts gewacht haben und tagsüber auf dem Schloss blieben. |
74 Imbisse | für einen Knecht aus Bornich, welcher 5 Wochen lang vom 29. Sept.-1. Nov. nachtsüber gewacht hat und tagsüber auf dem Schloss geblieben ist. |
Zu keiner Zeit der katzenelnbogener Grafen wird Wachdienst in solchem Umfang geleistet. Um bei den anstehenden Erbstreitigkeiten das Erbe gegen fremde Ansprüche zu sichern, mussten 1479 die Gemeinden Bornich, Lierschied und Nochern wochenlang nachts Reichenberg bewachen und manchmal auch zur Tagwache dort bleiben. | |
10 Imbisse | für den Hohensteiner Amtmann, Landschreiber, Wagenmeister und zwei Schöffen zu Nastätten, als man den Dieb folterte und hängte. Der Dieb hat 11 Wochen und 2 Tage im Turm gesessen, die Vergütung hierfür stellt er dem Landgrafen in Rechnung. |
Einnahmen Ausgaben |
Bezeichnung | Menge 1 | Menge 2 |
---|---|---|---|
Einnahme an Wein | 10 fd. | 1½ Ohm | |
aus dem Reichenberger und Lierschieder Berg |
5½ fd. | ||
aus dem neuangelegten Weinberg | 1 fd. | 3 Ohm |
Einnahmen Ausgaben |
Bezeichnung | Menge 1 | Menge 2 | |
---|---|---|---|---|
Ausgabe an Wein | 6½ fd. | 8 Vt. | ||
4 Vt. | im März 1479 als der Graf Philipp von Katzenelnbogen in Begleitung von 27 Personen von Reichenberg nach Hohenstein reitet. | |||
1½ Ohm | sind getrunken worden, als die Gemeinden Bornich, Nochern und Lierschied 5 Wochen lang zur Nachtwache nach Reichenberg kamen. | |||
8 Vt. | als dieselben Gemeinden den neuen Weinberg eingerichtet haben (gesneden, gestickt, gegraben und gebunden). |
Einnahmen Ausgaben |
Bezeichnung | Menge 1 | Menge 2 |
---|---|---|---|
Einnahme an Korn von den Mühlen | 53 Ml. | 6 Sm. | |
(Reichenberg, Bornich, Lierschied, von der im Schwall, von Reßeler, von einem Mühlchen daselbst, von Thornsmühle, von der Mühle unterhalb Diethards) | |||
Einnahmen an Zehntkorn | 67 Ml. | 1 Sm. | |
vom Zehntanteil des Grafen | zu Bornich | 29 Ml. | 6 Sm. |
zu Wallmenach | 22 Ml. | 3 Sm. | |
zu Offenthal | 8 Ml. | 6 Sm. | |
zu Auel | 6 Ml. | 2 Sm. | |
Pachtkorn von den Höfen | 72Ml. | 2 Sm. | |
vom gräflichen Anteil an dem Stück zu Reichenberg | 16 Ml. | 2 Sm. | |
vom Hof zu Offenthal | 12 Ml. | ||
vom Hof zu Auel | 7 Ml. | ||
vom Hof zu Weyer | 10 Ml. | ||
vom Hof zu Kasdorf | 10 Ml. | ||
von Frank zu Ruppertshofen | 9 Ml. | ||
von Anthonius zu Ruppertshofen | 8 Ml. | ||
Einnahme an ständiger Korngülte | 142 Ml. | 3½ Sm. | |
Ausgabe an Korn | 288 Ml. | 7 Sm. | |
darunter an den Kellner und das Gesinde zu Reichenberg für Brot | 32 Ml. | ||
an den Kaplan zu Reichenberg | 10 Ml. | ||
an den Kaplan auf Neukatzenelnbogen | 5 Ml. | ||
an den Burggrafen auf Katzenelnbogen | 5 Ml. | ||
das Beschließen der zwei Pforten im Ort | ½ Ml. | ||
den Stiftsherrn zu St. Goar für die Armen | 2 Ml. | ||
Unserer lieben Frauen Brüder zu Koblenz, damit sie für die Herrschaft beten | 2 Sm. | ||
hat Graf Philipp den Nonnen von Schönau gegeben, damit sie für die Herrschaft beten | 2 Ml. | ||
den beiden Knechten von Bornich, die 14 Tage lang nachts auf dem Schlosse gewacht und tags die Tore gehütet haben, als Junker Sittich und Johann von Schönborn da lagen | 1 Ml. | ||
Einnahme an Weizen | 48 Ml. | 6 Sm. | |
(von den bereits oben genannten Dörfern, Höfen und Hofmannen) | |||
Gesamtsumme der Hafereinnahme | 224 Ml. | 1½ Sm. | |
Vom Zehnten und der Hofpacht | 83 Ml. | 2 Sm. | |
An ständiger Hafergülte | 140 Ml. | 7½ Sm. | |
(von den bereits erwähnten Dörfern, Höfen, Hofmännern) | |||
Ausgabe an Hafer | 53 Ml. | 5 Sm. | |
Einnahmen | an Gänsen | 16 Stück | |
an Lämmern | 35 Stück und die Zehntlämmer von Nastätten |
||
an Hühnern | 33 Stück | ||
Ein Teil davon ist nach Ems ins Bad gekommen, als der Landgraf dort war. | |||
Da die Kellereiabrechnungen nicht dem Kalenderjahr entsprechen, sondern wie in früheren Jahren bis in den April des nächsten Jahres gehen, werden durch den Kellner auch bereits Kosten gebucht, die unter dem neuen Besitzer der Grafschaft, und damit auch Reichenberg, dem Landgrafen Heinrich von Hessen entstehen. Auffällig sind die Auslagen sowohl an Naturalien als auch an Geld für Wachdienste rund um die Uhr. |
5. Juli 1479 Auf Bitte Graf Philipps von Katzenelnbogen belehnt Erzbischof Johann von Trier den Landgrafen Heinrich von Hessen, als Ehegemahl seiner Tochter Anna, mit Reichenberg samt Zubehör, Bornich, St. Goarshausen, Patersberg, Offenthal mit Zubehör. Der Landgraf soll dieses Lehen innehaben und dem Trierer Stift verpflichtet sein, wie er es in seiner Lehnshuldigung beeidet hat.
28. Juli 1479 Siebenundsiebzigjährig stirbt der letzte Graf zu Katzenelnbogen, Philipp der Ältere, ohne männlichen Nachkommen. Beide Söhne starben vor dem Vater. Begraben ist er in der Familiengrabstätte im Kloster Eberbach bei Erbach.
Das Archivmaterial zum Katzenelnbogener Grafengeschlecht ist nach dessen Erlöschen in der männlichen Nachfolge 1479 in verschiedene Aufbewahrungsorte gelangt, hauptsächlich nach Darmstadt, Marburg, Kassel und Wiesbaden.
Burg Reichenberg auf einer Postkarte um 1900
Schwert und Pflug
Einst war ein Graf, so geht die Mär,
der fühlte, dass er sterbe;
die beiden Söhne rief er her,
zu teilen Hab und Erbe.
Nach einem Pflug, nach einem Schwert
rief da der alte Degen;
das brachten ihm die Söhne wert,
da gab er seinen Segen:
"Mein erster Sohn, mein stärkster Sproß,
du sollst das Schwert behalten,
der Berge mit dem stolzen Schloß
und aller Ehren walten.
Doch dir, nicht minder liebes Kind,
dir sei der Pflug gegeben:
im Tal, wo stille Hütten sind,
dort magst du friedlich leben."
So starb der lebensmüde Greis,
als er sein Gut vergeben;
die Söhne hielten das Geheiß
treu durch das ganze Leben.
Doch sprecht, was ward denn aus dem Stahl,
dem Schlosse und dem Krieger?
Was ward denn aus dem stillen Tal?
Was aus dem schwächern Pflüger?
O fragt nicht nach der Sage Ziel!
Euch kündens rings die Gauen:
Der Berg ist wüst, das Schloß zerfiel,
das Schwert ist längst zerhauen.
Doch liegt das Tal voll Herrlichkeit
im lichten Sonnenschimmer;
da wächst und reift es weit und breit;
man ehrt den Pflug noch immer.
Wolfgang Müller von Königswinter
Eine Darstellung in Stein gehauen, mannshoch aus dem 14. Jahrhundert, befindet sich im Museum auf Schloss Rheinfels. Es war ursprünglich über dem Tor zur Kernburg angebracht.
In Gold ein blau gekrönter und bewehrter herschauender roter Löwe (Katzenelnbogen). Er ist Teil des Reichenberger Dorfwappens.
Der Stein wurde nach 1479 in hessische Symbolik umgeändert.
In Blau ein herschauender goldgekrönter siebenmal von Silber und Rot geteilter Löwe (Hessen).
Karl E. Demandt, der wohl beste Kenner des Katzenelnbogener Grafenhauses, fasst seine umfangreichen Kenntnisse und wissenschaftlichen Forschungen über die herausragende Stellung des Katzenelnbogener Grafengeschlechts in fünf Punkten zusammen. Er misst seine Bedeutung:
1. an seiner Reichsposition seit der Staufischen Zeit,
2. an den Orientfahrten der Grafen,
3. an der Territorialpolitk und ihrem Burgenbau,
4. an ihren Wirtschaftsformen und ihrem Reichtum und
5. an der Kultur des Katzenelnbogener Hofes.
Auch der mittelalterliche Sänger Walther von der Vogelweide war Gast am Hofe und zufrieden mit seinem Gönner, wenn er dichtet:
Dem Bogener, dem bin ich hold,
Auch ohne Gabe, ohne Sold,
Er ist mild, wenn ich auch nichts kann haschen,
So füllt er Polen, Reußen doch die Taschen.
Darüber will ich ihm nicht zürnen sehr.
Ihn macht ein Meister mehr bekannt
Als tausend Schwätzer in dem Land,
Belohnt er höf'sche Meister mehr.
Den edlen Stein, den Diamant,
Gab mir des schönsten Ritters Hand:
Ja, ohne Bitte ward die Gabe mein.
Ich lobe nicht die Schönheit nach dem Schein:
Wer milde gibt, ist schön und wohlgezogen.
Nach außen innere Tugend kehre,
So dient das äußre Lob zur Ehre
Wie dem von K a t z e n e l n b o g e n.
1479 Landgraf Heinrich von Hessen ist neuer Herr auch zu Reichenberg. Reichenberg dient als Stützpunkt zur Sicherung des Gebietes gegen fremde Ansprüche, wie sie bei Erbauseinandersetzungen bei den weitverbreiteten Verwandtschaftsbeziehungen des Grafenhauses gestellt werden. Das von Hessen neuerworbene Gebiet der Niedergrafschaft wird von Amtmännern verwaltet. Reichenberg wird Sitz eines Oberamtmannes. Unter wechselnden Besitzverhältnissen bleibt dieses Amt Reichenberg bis 1806 bestehen.
1480 Im Marburger Archiv gibt es eine Übersicht aus diesem Jahr, worin die Ämter der Niedergrafschaft verzeichnet sind: Hohenstein, Burgschwalbach und Reichenberg. Sie stimmen in etwa mit den Kellereibezirken überein. Nachdem aber kurze Zeit später auch ein Amt Neukatzenelnbogen eingerichtet wird, gehören z.B. Bornich und Patersberg nicht mehr zu Reichenberg (1492).
1529 Protokollierte Erbfolgestreitigkeiten, wobei Zeugen aus Reichenberg u.a. aussagen, dass Hessen Amtmänner auf ihrer Burg gehabt hat. Es folgen fortwährende Veränderungen in den Aufteilungen der Amtsbezirke und Zuordnungen der Dörfer.
1534 Landgraf Philipp von Hessen will Schloss, Thal und Amt an Dietrich vom Stein, Amtmann zu Molsberg, auf Wiederkauf verkaufen mit allen Herrlichkeiten (Vogteien, Wildbann, Fischerei, Zinsen, Kirchsätzen, Höfen, Beden, Steuern, Korngülten, Weizengülten, Pfenniggülten, Gerichten, Äckern, Wiesen, Wäldern, Wasser und Weiden). Mit dem nicht genannten, möglichen Erlös will er einen Feldzug gegen Württemberg teilweise finanzieren. Dietrich fehlen aber die nötigen Mittel, und so kommt der Verkauf von Reichenberg nicht zustande.
1536 Im Mann- und Dienerbuch Philipps des Großmütigen werden zum Amt Reichenberg als zugehörig aufgeführt:
Lautert, Ober- und Niederwallmenach, Reitzenhain, Auel,
Nochern, Weyer, Ruppertshofen, Bogel, Himmighofen,
Pissighofen, Pohl, Bettendorf, Lollschied,
Ober- und Niedertiefenbach, Nastätten, Ölsberg und Buch
1590 Diese Jahreszahl befindet sich in Patersberg auf einer roten Sandsteinplatte im Inneren des Kirchenschiffes an der Wand des Glockenturms. Es ist die Grabplatte des Reichenberger Amtskellners (Hessischer Rentmeister) Reinhard Wiederholt, der von 1579-1590 auf Schloss Reichenberg seinen Dienst versah und auf dem alten Friedhof bei der Patersberger Kirche neben dem Turm begraben liegt.
Aus dem 16. Jahrhundert führt Demandt verschiedene Rüstungsregister an, nach denen Reichenberg mit Nürnberger Hackenbuchsen, Stelbuchsen, Kisten voll Hackenpfeilen, Pfeilen, Pulver, Armbrüsten, Büchsen, Blei ausgerüstet war. Jahre später führt er eine eiserne Steinbüchse mit 3 Kammern, einen kleinen Mörser, Stielbüchsen aus Eisen und Kupfer an.
Kupferstich von Mathias Merian 1648. Ansicht von Westen (nach Dilich)
1606 Auftragsweise fertigt Wilhelm Schäfer, genannt Dilich, für den Landgrafen Moritz von Hessen Zeichnungen der Burganlage Reichenbergs an. Die Originale der sechs erhaltenen Blätter werden in der Kasseler Landesbibliothek aufbewahrt. Sie bilden heute, als älteste Darstellung der Burg, die Grundlage aller Erkenntnisse über das Gemäuer der Burganlage.
1614 Grenzbeschreibung des Amtes Reichenberg (s. Amt Reichenberg).
1618/19 Auf Veranlassung des Landgrafen Moritz von Hessen-Kassel besichtigt der holländische Ingenieur Christian Janson die Festungen und Burgen der Niedergrafschaft Katzenelnbogen. Er veranlasst die nötigen Verteidigungsmaßnahmen auf Reichenberg.
1618-1648 Die Burg Reichenberg wird während des dreißigjährigen Krieges als Zufluchtstätte nicht nur für die Einwohner Reichenbergs sondern auch von den Menschen der umliegenden Dörfer genutzt.
Kupferstich von Mathias Merian 1648. Ansicht von Süden (nach Dilich)
Kupferstich von Mathias Merian 1648. Ansicht von Osten (nach Dilich)
1626 Moritz von Hessen-Kassel soll das Fürstentum Oberhessen mit Marburg nach einer Entscheidung des Reichshofrates zu Wien an Ludwig von Darmstadt abtreten, weil er die reformierte Kirche in seinen ererbten Landesteilen zu sehr begünstigt habe. Da sich der Landgraf Moritz von Hessen dieser Verfügung widersetzt, wird diese Auseinandersetzung kriegerisch angegangen. Unter der Leitung des Kurkölnischen Marschalls von Hövelich und den beiden Kommissaren Schrautenbach und Herlinghausen von Darmstadt, mit Hilfe des spanischen Generals Verdugo, wird die Grafschaft in Besitz genommen. Am 30. Juli erkennen die Beamten und Bewohner der Ämter Hohenstein, Reichenberg, Marburg und Katzenelnbogen die neue Herrschaft an. Die Rheinfels, verteidigt durch Oberst Johann von Uffeln, wird in sechswöchiger Belagerung durch den spanischen General Verdugo so zusammengeschossen, dass die tapferen Verteidiger kapitulieren müssen. Die Besatzung darf mit fliegenden Fahnen und Kugeln im Munde am 4. September über St. Goarshausen, Patersberg, (Reichenberg), Nastätten nach Oberhessen zurückkehren.
Reichenberg gehört fortan zum Herrschaftsgebiet des Landgrafen von Hessen-Darmstadt.
1636/37 Daniel Schmalkalden ist Amtmann auf Schloss Reichenberg. Der Miehlener Pfarrer Plebanus berichtet in seinem Tagebuch von Besuchen auf Reichenberg in dieser Zeit.
1639, den 10. und 13. Juli
... ist mir zu Reichenbergk von Herrn Ambtmann Schmalkalden viel Ehr, Gut und wolthat mit essen trincken und zwoer Nachtherberg erwiesen worden. Ist zugleich gute Vertröstung geschehen, dass mir die ausstehenden Fruchten zu Ruppertshofen und Castorf bey deser wiewol geringen Ernd söllen entrichtet werden.
den 4. November zu Reichenberg über nacht gelegen. Herr Ambtmann Schmalkalden zwar mir viel gutes erwiesen, aber wegen der Rupertshofer und Casdorfer arrestierter Fruchtschäden wider alle von vorigem und diesem Ambtmann mir gegebene Vertröstung nichts ausrichten können.
1647 Als nach 30 Jahren schrecklichem Krieg ein Frieden in Aussicht steht, beschließt die Landgräfin Amalie von Hessen-Kassel, die verloren gegangene Niedergrafschaft Katzenelnbogen mit Waffengewalt wieder für Hessen-Kassel zurückzuholen. Sie will ein Unterpfand, um bei den Friedensverhandlungen mitzureden. Sie nimmt den niederländischen Feldherrn Kaspar Cornelius Mortaigne von Portalis, reformierter Konfession, in ihre Dienste. Bei diesem erfolgreichen Kriegszug zur Eroberung ihrer ehemaligen Lande erscheint Feldherr Montaigne um den 17. Juni 1647 vor Reichenberg. In Bornich und Patersberg schlägt er sein Heerlager auf und belagert Burg Reichenberg. Während aller Kriegswirren war Reichenberg fast unversehrt geblieben und hatte immer wieder Zuflucht gewährt. Auf der Burg befehligt Oberstlieutenant Strupp von Gelnhausen. Erst nach langem Beschuss und Unterminierung der Ringmauer und nachdem große Sturmlücken geschossen sind, wird Reichenberg eingenommen.
Der Landgraf Georg von Darmstadt beschwert sich beim Kaiser über das Vorgehen der Landgräfin von Hessen-Kassel, jedoch vergebens, der Kaiser hat andere Sorgen. Bei der Belagerung und Einnahme von Rheinfels findet der Feldherr Montaigne den Tod.
Dieser Hessische Krieg (Hessen-Kassel gegen Hessen-Darmstadt) bringt durch Einquartierung und Durchzüge der Soldaten (oft 10.000 Mann) noch eimal Not und Elend in unsere Dörfer. Wieder berichtet der Miehlener Pfarrer Plebanus in seinem Tagebuch auch von Reichenberg:
... Obschon Rheinfels den 4. und 5. Juli durch Akkord übergangen ist, so dauert daselbst das Lager doch fort. Reichenberg liegt ganz wüste, nicht ein Mensch ist mehr darinnen, die Mauern eingerissen, die Pforten verbrant. ... Weiter schreibt er: Ist nun das Siebentemal, dass ich in diesem Jahr von den Kaiserlichen, Schwedischen, Weimarischen, Leopoldischen, Hessischen Völkern bin geplündert worden, habe jetzt kein Hemd mehr.
Not und Elend der Bevölkerung sind im Kapitel - Dorf Reichenberg - geschildert.
1647-1651 Instandsetzungsarbeiten an der Burg, sodass sie wieder als hessischer Oberamtssitz mit einer kleinen Invalidenbesatzung genutzt werden kann.
1649 Reichenberg ist im Besitz der Landgrafen von Hessen-Rothenburg.
1657 Der obere Teil des 'hohen Baus' (Schildmauer) wird abgetragen, niedergelegt und ein Dach neu aufgetragen, welches aber später abbrennt.
1674 Johann Brenner von Lahnstein ist Amtmann auf Reichenberg.
1692 Landgraf Carl von Hessen residiert unter der Oberhoheit von Hessen-Kassel auf Reichenberg und befehligt von hier die Belagerung der Rheinfels.
1722 Herr von Brenner ist landgräflicher Erbamtmann auf Reichenberg. Der Zerfall der Burg schreitet fort, die Herren auf der Burg nehmen ihre Rechte und Vorteile gerne wahr, kommen aber ihren Pflichten und der Verantwortung für die Burganlage nicht nach.
1727 Auf diese Jahreszahl ist das Fachwerkhaus datiert, das bis zum Jahre 1963 an der Südseite des Marstalles stand und von dem damaligen Besitzer der Burg unverständlicherweise abgebrannt wurde. Es hatte aus dem 1. Stock einen Zugang zum Marstall und dem Eckturm ('Nikodemus').
1748 Ein Teil der nach beiden Seiten treppenförmig aufsteigenden Mauern zwischen den beiden Türmen (Mauer über dem Zwerchbau) stürzt ein und zertrümmert die darunter liegende Amtsstube und andere Räumlichkeiten.
1754 Hessen-Rothenburg tritt das Besatzungsrecht an Hessen-Kassel ab. Kleinere Besatzungen, meist bestehend aus Invaliden, halten sich bis 1806.
1771 Rechtsstreit um die Erbamtmannschaft des Franz Moses von Brenner. Als er als letzter seines Geschlechts stirbt, ist der Rechtsstreit damit nicht zu Ende. Erst 1795 entscheidet das Reichskammergericht zu Ungunsten derer von Brenner. Das Amt wird fortan von einem hessischen Amtsverwalter versehen. Die Schlossländereien werden von Pächtern bewirtschaftet.
1805 Landgraf Emanuel von Hessen-Rothenburg belehnt einen Adeligen mit Reichenberg und gleichzeitiger Anwartschaft auf die Erbamtmannstelle. Doch in der Zwischenzeit hat sich die Gesellschaftsordnung, bedingt durch die französische Revolution, entschieden verändert. Die französische Besatzung lässt die Belehnung nicht zu.
Von 1806-1813 befindet sich auch das ehemalige Amt Reichenberg unter französische Verwaltung. Als Bestandteil der hessischen Niedergrafschaft auf der rechten Rheinseite wird es vom 20. November 1806 bis zum 1. November 1813 dem französischen Präfekten Pietsch vom Departement Donnersberg unterstellt, unter dem die alten Behörden zu Langenschwalbach weiterarbeiteten.
1813 Das obere Drittel des Südturmes stürzt ab. Die darunter liegenden Baulichkeiten werden stark beschädigt. Um weitere Einsturzgefahren abzuwenden, wird der Restturm gesprengt.
1816 Durch die Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress wird auch unser Reichenberg betroffen. Das Hessische Amt Reichenberg wird aufgelöst und kommt mit 26 Orten zum herzoglich-nassauischen Amt St. Goarshausen.
1821 Der bauliche Zustand großer Teile der Burg ist bedrohlich, und die Einsturzgefahren werden größer. Die Domänenverwaltung lässt das Schloss stückweise auf Abbruch versteigen. Holzwerke, Fensterrahmen, Balken und besondere Steine werden herausgerissen und bei Bauvorhaben im Dorf, aber auch in der Umgebung verwendet. Teile der Vorwerke und Gärten gelangen in den Besitz von Anliegern.
Das Hauptgebäude erwirbt Moses Aron von Ruppertshofen auf Abbruch, der nach dem Veräußern aller brauchbaren Teile dem Lande Hessen nur die zum Teil noch zusätzlich abgeräumten Mauern hinterlässt.
1836 Der Burgenliebhaber Archivar Friedrich Gustav Habel (gest. 1867) aus Wiesbaden Schierstein erwirbt für 50 Gulden die Ruine und kauft Teile des Vorwerks, Säulen und anliegende Grundstücke zurück. Ein Verwalter hat darauf zu achten, dass die 'schöne Ruine' erhalten bleibt. Eine marmorne, zum Teil zerstörte Gedenktafel im Durchgang der Schildmauer erinnert an ihn (s. Kapitel: Charlotte von Reichenberg).
1840 Victor Hugo fertigt von der Ruine eine Bleistiftzeichnung an und schreibt über den Ritter von Reichenberg eine Sage auf (s. Burg Reichenberg in der Literatur).
Während dieser Zeit besuchen auch Victor von Scheffel und Wilhelm Riehl die Burg. Beide sind von der Großartigkeit der Burganlage so begeistert, dass jeder auf seine Art dieses Erlebnis festhält. Während einer Rast auf dem Heimweg fertigt Victor von Scheffel eine Skizze an zur späteren Ausarbeitung.
Victor von Scheffel zeichnet die Ruine der Burg nach einem Besuch ca. 1855.
Wilhelm Riehl schreibt zunächst einen Artikel über diesen Besuch, den Leo Sternberg in seinem Heimatbuch Land Nassau veröffentlicht.
... "Als wir uns aber nach einer Strecke Wegs noch einmal nach der Burg umschauten, fand Scheffel das Bild so wunderschön, daß er sich unter den nächsten Baum setzte und fast eine Stunde lang, trotz allen Durstes, Burg und Landschaft sorgsam zeichnete. Ich spann während der unerwarteten Rast an meinen Gedanken über die prächtigen Ruinen weiter. Und so entstand in mir der Plan zu der Novelle "Burg Neideck", den ich dann nach meiner Gewohnheit jahrelang mit mir herumtrug, bevor ich ihn ausführte."
1867 Nach dem Tode von Archivar Habel erbt dessen Neffe, der Amtsrichter Conradi von Miltenberg am Main, die Burg.
1875 Von ihm erwirbt die Gräfin Charlotte von Mellin (Livland), geschiedene von Grothe, die Burg. Sie darf sich Charlotte von Reichenberg nennen (eigenes Kapitel).
1880 Am 21. Dezember stirbt die Gräfin und vermacht Burg Reichenberg ihrem Neffen Baron Wolfgang von Oettingen (geb. in Dorpat, Estland). Die Besitzer vor ihm haben sowohl im Fachwerkhaus vor dem Marstall als auch im Eckturm (Nikodemus genannt) gewohnt. Er lässt den heutigen Wohnkomplex auf der Westseite in mehreren Bauabschnitten, zunächst zinnenartig mit Flachdächern, erstellen und erwirbt am Burgberg Waldstücke und Ländereien zurück.
Die Gemeinde gestattet ihm 1881 die früher bestandene Wasserleitung im alten Graben (Quellfassung im Gemeindewald Distrikt 'Hahn') wieder herzustellen, um die Wasserversorgung sicherzustellen. Die Forstbehörde schätzt den Holzschaden auf 60 Mark, die von dem Schlossbesitzer aufzubringen sind.
Über dem 'Nikodemus' wird ein kegelförmiges Zinkdach errichtet, um die darunterliegenden Studierzimmer - v. Oettingen ist mittlerweile Professor und Geheimrat - vor Feuchtigkeit besser zu schützen. In einer Sturmnacht jedoch hält die Konstruktion nicht stand, und Teile davon landen im 'Bohnenberg'. Hier wird nach einer Zeichnung von M. Colonius, St. Goarshausen, in kürzester Zeit ein Gartenhaus (Pavillon, Teehaus) gebaut. Erstaunlich dabei: Antrag gestellt am 10. Sept. 1913, Genehmigung erteilt nach Prüfung durch das Bauamt in St. Goarshausen am 11. Sept. 1913!
1884 In einer besonderen Sitzung des Reichenberger Gemeinderates werden sich der Besitzer der Burg und die Gemeinde einig darüber, dass unter bestimmten Auflagen die allgemeine Überfahrts- und Ganggerechtigkeit gelöscht wird (Schriftverkehr, Sitzungsprotokolle und Vereinbarungen für alle Rechtsnachfolger im Archiv).
1888 Einsturz der Mittelsäulen und des Daches im Saalbau (Palas).
1908 Professor, Dr. Wolfgang von Oettingen, gegenwärtig Senator und ständiger Sekretär der Kgl. Akademie der Künste in Berlin, wird zum Direktor des Goethe-Museums in Weimar berufen. Die Familie zieht mit ihm dort hin und kommt nur gelegentlich nach Reichenberg.
1912 Ausbesserungsarbeiten an der Schildmauer.
1913 Restaurierung des Saalbaues. Auf der Grundlage von Dilichs Plänen und unter Leitung des königlichen Hochbauamtes in Rüdesheim werden neue Sandsteinsäulen eingebaut. Der ganze Saalbau erhält im Inneren Querverankerungen und das eingestürzte Gewölbedach wird wieder hergestellt.
1919 Nach verlorenem Krieg richtet sich eine Funkabteilung der französischen Besatzungsmacht auf der Burg ein.
1943 Geheimrat, Professor, Dr. phil. Baron Wolfgang von Oettingen stirbt. Von 1909 bis 1918 war er Direktor des Goethe-Nationalmuseums in Weimar und seit 1911 auch des Goethe- und Schillerarchivs. Als Literaturhistoriker und Übersetzer machte er sich in Fachkreisen einen Namen.
Sein Sohn, Professor Dr. med. Karl Johann von Oettingen tritt sein Erbe an. Zu dieser Zeit ist er Chefarzt eines Wiesbadener Krankenhauses, nachdem er zuvor Ordinarius für Gynäkologie an der Universität Heidelberg war.
Ruine Reichenberg bei St. Goarshausen R.Stieler
1945 In den letzten Kriegstagen des zweiten Weltkrieges erhält die Burg von der linken Rheinseite aus mehrere Einschläge amerikanischer Artillerie. Ein Treffer am Turm (17. März) bewirkt, dass einige der Kragsteine am Turm abbrechen und herabstürzen. Diese zerschlagen das Deckengewölbe des seit langem gesuchten Brunnens unterhalb der Schildmauer auf der Westseite. Im Teilungsvertrag von 1352 (Pütz) ist er ein wichtiger Vertragspunkt. Bei Dilich ist er zwar eingezeichnet, aber die Kenntnis der genauen Lage war verloren gegangen. Wohl kaum hätte man bei der Anlage des 'Rosengartens' einen Promenadenweg genau über diese Stelle geführt. In einer leichten Kurve ist der Brunnenschacht ca. 60 Meter tief in den Felsen getrieben. Leider wurde er bei einem späteren Besitzer als Müllgrube genutzt.
In den letzten Kriegstagen vor dem Rheinübergang der Amerikaner bieten die Kasematten der Bevölkerung Schutz vor dem Artilleriebeschuss.
1953 Professor Dr. med. Karl Johann von Oettingen stirbt. Seine Erben verkaufen die Burg.
1956 Neuer Besitzer ist Friedrich Holz, ein Kaufmann aus dem Rheinland.Er lässt 1963 leider das alte Fachwerkhaus von 1723 (Wohnhaus der Gräfin und vorübergehendes Wohnhaus des Barons von Oettingen) abbrennen und baut eine Autostraße bis vor seine Haustür. Auch das zweite Tor, von Osten kommend am Nikodemus, lässt er bei dieser Aktion niederlegen. Den Halsgraben schüttet er zu und errichtet darauf Pferdeställe. Durch Ankauf von Wiesen und Äckern in der Gemarkung vergrößert er den Landbesitz und hält Fjordpferde.
13. April 1971 Der nördliche, zweite Turm stürzt ein und rutscht bis auf den Felssockel ab. In einer mächtigen Staubwolke sackt er in sich zusammen. Der Schutt verteilt sich auf den Burghof, den Rosengarten und auf die Nordseite.
1988 Burgbesitzer Friedrich Holz stirbt. Da auch sein Sohn bald darauf das gleiche Schicksal erleidet, erben seine beiden Enkel den Besitz. Ein Kölner Rechtsanwalt übernimmt die Nachlassverwaltung.
1988 Burg und Burgberg werden unter Denkmalschutz gestellt. Nach jahrelangen Bemühungen durch den Bürgermeister der Verbandsgemeinde Schmidt und den Gremien ist endlich ein Sondergutachten über die Burg erstellt worden. Vereinfacht drückt es der Gutachter, Dr. Heiko Gerdes, so aus, dass der weitere Verfall nur zu stoppen ist, wenn das Niederschlagswasser in geordnete Bahnen gelenkt wird.
Burgansicht nach dem Einsturz des zweiten Turmes 1971
1990 Neuer Besitzer der Burg ist Hans Quintes.
Kein bisheriger Besitzer hat sich in solchem Maße für die Erhaltung und Renovierung der Burganlage engagiert. Neue Vermessungstechniken per Computer ermöglichen es, dass Stein für Stein und Mauerrest für Mauerrest vermessen wird, um Restaurierungsarbeiten sachgerecht ausführen zu können. Er lässt größere Renovierungsarbeiten am Wohnhaus und Restaurierungsarbeiten am Bauwerk der Burg ausführen. In die Schildmauer werden Ringanker eingebracht. Zinnenartige Abmauerungen sichern die Oberseite und in zwei Stockwerken der Schildmauerwölbung werden Fenster eingebaut. Der kleine Eckturm (Söller in der Südostecke des Burghofes) wird stabilisiert und durch eine Treppe zugänglich gemacht.
1994 Teile des ehemaligen Wohngebäudes zu katzenelnbogerner Zeit, auf der Nordseite der Burg, stürzen ein. Ein Stahlkorsett rettet den Rest des Gemäuers.
1997 Der Sockel des ehemaligen Nordturms wird wieder hochgemauert. Durch ihn soll die Schildmauer, aber auch vor allem die durch ein Stahlkorsett gestützte Mauer des mittelalterlichen Wohntrakts einen neuen Halt bekommen.
1999 Restaurierungsarbeiten am Marstall sind in Angriff genommen. Eine gesicherte Decke leitet das Wasser ab und eine neue Verankerung bewahrt die Südwand des Marstalls vor dem Abrutschen.
2000 Im Bau ist ein Zinnenabschluß auf der Mauerkrone des Marstalls.
2003 Der Burgbesitzer Hans Quintes hat finanzielle Probleme, die Burg und die umgebenden Ländereien werden unter Zwangsverwaltung gestellt.
2005 Bei einem ersten Versteigerungstermin beim Amtsgericht St. Goar, bei der auch einige Reichenberger Bürger anwesend waren, wurde kein gültiges Gebot abgegeben; der Verkehrswert war auf 428.000 € festgelegt worden.
2006 Am 20.02.2006 wurde die Burg durch Alfred Richard Götz ersteigert. Der Preis beträgt 400.000 Euro. Der Kaufpreis wird jedoch nicht gezahlt! Das Schicksal der Burg ist daher weiter unklar.
2007 Der Versteigerungstermin am 05.11.2007 wurde durch das Amtsgericht in St. Goar wegen eines Ladungsfehlers aufgehoben. Der Eigentümer hat dies über einen Anwalt rügen lassen.
2010 Am 12.04.2010 ersteigerte der frühere Besitzer, Hans Quintes, die Burg erneut für 570.000 Euro. Vom Rechtspfleger wurde auf Antrag der betreibenden Volksbank die Sicherheitsleistung jedoch mit 430.000 Euro festgelegt. Der Zuschlagstermin wurde auf den 27.04.2010 anberaumt. Da diese Sicherheitsleistung vom Höchstbietenden nicht erbracht wurde, fiel der Zuschlag an den Zweitbietenden, einen Unternehmer aus dem Ruhrgebiet. Nach Jahren der Ungewissheit hat die Burg nun wieder einen Eigentümer, der sich zusammen mit der Denkmalpflege um die Anlage kümmern wird.
1606 Wilhelm Dilich beschreibt in seiner Hessischen Chronica Reichenberg als "ein wunderbar gebeu".
1742 Zedler: Universal Lexikon von 1742 (gestützt auf Winckelmann)
"Reichenberg ein Heßisches Schloß, auf einem Felsen in der niederen Grafschaft Catzenelnbogen ist auf Asiatische Art gar künstlich, und ohne Dach oben zugewölbt angefangen, aber nicht vollführet worden. In dem dreißigjährigen Kriege hat es seinen Rest bekommen."
1856 Rheinischer Antiquarius: "Eine Stunde vom Rhein steht die merkwürdige Burg Reichenberg".
1840 Karl Simrock: "Von St. Goarshausen führt ein Weg durch die Erlenschatten des engen Hasenbachtals nach Reichenberg. Die prächtige Burg verdient den Namen. 1818 mutwillig abgebrochen, ist Reichenberg noch als Ruine durch seine Bauart merkwürdig, die man asiatisch, ja maurisch genannt hat." In: 'Das malerische und romantische Rheinland'
Riehl, um 1860: "Schon von fern freuten wir uns des Anblicks der großartigen Ruine, die an malerischem Reiz der Türme und Mauern die meisten Rheinburgen überragt."
In: 'Land Nassau' von Leo Sternberg. Verlag Brandstetter Leipzig 1927
Luthemer, Ferdinand 1914: " ... eine der schönsten Burgruinen des Rheintals".
In: 'Die Bau- und Kunstdenkmäler der Kreise Unter-Westerwald, St. Goarshausen, Untertaunus und Wiesbaden Stadt und Land'. Mit Detailzeichnungen, Fotos und sehr genauen Beschreibungen des Baukörpers führt er uns die großartige Burganlage vor Augen.
Kunze, Rainer: "Burg Reichenberg stellt in der ursprünglichen Planung einen Prunkbau dar, der erkennen lässt, dass hier alles aufgeboten wurde, eine repräsentative, keiner anderen Burg gleichenden Residenz, zu schaffen."
In: 'Burgenpolitik und Burgenbau der Grafen von Katzenelnbogen', Deutsche Burgenvereinigung 1969
Frein, Kurt: "Burg Reichenberg im Hasenbachtal hinter St. Goarshausen ist eine der architekturgeschichtlich interessantesten Burgen des Rheinlandes, ja sogar des deutschen Burgenbaues insgesamt."
Aus: 'Burgen am Rhein'
Burg Reichenberg in Otto Piper, Burgenkunde
Bis heute unbekannt ist der Name des Baumeisters. Rainer Kunze nennt ihn in seiner 1998 erschienenen Veröffentlichung: 'Spätblüte - Reichenberg und der mittelalterliche Burgenbau des 14. Jahrhunderts', den Reichenberg-Meister und spricht ihm geniale baumeisterliche Fähigkeiten zu. Leider kamen, so die Erkenntnisse von Kunze, seine großzügigen Planungen nur teilweise zur Ausführung. Die Gründe hierzu sind wohl in dem Tod des Bauherrn 1331 und in der Teilung der Erbschaft 1352 zwischen den Brüdern Wilhelm II und Eberhard V zu suchen.
Die Errichtung der heutigen Anlage geschah in zwei Phasen.
1. Phase 1319/20 - 1352
Errichtung der Hauptburg (Schildmauer und Türme)
2. Phase
Graf Wilhelm II führt nach der Erbteilung 1352 auf seinem Erbteil die Bauarbeiten weiter und errichtet den Ostteil mit Saalbau und den Wohntrakten. Die Ostseite sichert er durch die Kasematten und den Eckturm. Abschluss dieser Bauphase könnte die Altarweihe in der Kapelle im südlichsten Zipfel der Vorburg 1380 gewesen sein.
Grundriss der Hauptburg mit Kennzeichnung der beiden Bauperioden (nach F.Luthmer)
Eberhard V zeigt an Reichenberg kein großes Interesse und baut für sich Burg Schwalbach.
Heute ist die vier Meter starke und zwanzig Meter hohe Schildmauer (Mantelmauer), die sich in der Mitte auf acht Meter erweitert, der herausragende Baukörper. Sie sollte der ursprünglichen Planung zufolge die im Westen vorgesehenen Wohnanlagen gegen die Angriffseite (Osten) schützen. Der heutige Rosengarten wäre dann Innenhof der Burganlage geworden. Früher war sie flankiert von zwei vierzig Meter hohen Türmen (Einsturz des Südturms 1813, Einsturz des Nordturms 1971). Rätselhaft bleibt, warum Wilhelm II den Wohnbereich und Palas auf der ungeschützten Angriffsseite im Osten unmittelbar hinter der Zugbrücke zum Halsgraben hin errichten lässt.
Auf einem Felsausläufer, dem richenberch, zwischen dem Reitzenhainer Bach und dem Hasenbach (Bogeler Bach) mit Steilhängen nach Süden, Osten und Westen wurde die Burg errichtet. Von Osten her geht das Gelände, getrennt durch den tief in den Felsen geschlagenen Halsgraben mit ursprünglicher Zugbrücke in das Burggelände über.
Über das Aussehen und 'Innenleben' der Burg um 1600 wissen wir, dank der bis ins Kleinste aufklappbaren sechs Zeichnungen (Tafeln) Dilichs, sehr gut Bescheid.
Die nötigen Steine zum Bau konnten vor Ort von den Leyenbrechern abgebaut und herangeschafft werden. Sand und Lehm zur Bereitung des Mörtels sowie Bauholz gab es in unmittelbarer Nähe.
Die Flachdächer bildeten eine Besonderheit. Unter der Schüttung auf den Gewölben gibt es Lagen von Schieferplatten, ähnlich unserer heutigen Dacheindeckung, die das Wasser an die Außenseite leiten. Die Schüttung auf diesen Platten hemmte den Kugelaufschlag.
Die beiden ursprünglich 43 m hohen Türme an den Stirnseiten der Schildmauer bildeten eine eigene Verteidigungsanlage. Zunächst waren sie nur über eine Leiter, geschützt durch eine Schrägmauer, von der Schildmauer aus über eine Vertiefung zu erreichen. Die Treppen im Innern der Türme verliefen versetzt, so dass beim Weitersteigen immer zunächst ein Innenraum durchquert werden musste. Die Türme waren nur über die Oberfläche der Schildmauer zu erreichen.
Es kann nicht Aufgabe und Sinn einer Dorfchronik sein, alle Stellungnahmen, Vermutungen, Deutungen oder 'Spekulationen' über die Endplanung sowie kunsthistorische Betrachtungen in zahlreichen Veröffentlichungen zur Burg Reichenberg in baugeschichtlicher und kunsthistorischer Sicht anzuführen, die in Vergangenheit und Gegenwart gemacht wurden. Vielmehr sollen bekannte Darstellungen, beginnend mit Stichen von Dilich 1606 bis zu Fotografien auf den Betrachter wirken und eigene Eindrücke vermitteln.
Victor Hugo erzählt im 19. Brief seines 'Rheinischen Tagebuchs' die Sage von Reichenberg bei St. Goarshausen.
"Dies ist die Sage von Schloß Reichenberg. Hier lebte zur Zeit der mittelalterlichen Fehden einer der gefürchtetsten jener Raubritter, die sich 'Landplagen' nannten. Die benachbarte Stadt beklagte sich vergeblich. Der Kaiser zitierte ihn zum Reichstag, aber ohne Erfolg. Der Ritter lebte gut geschützt in seinem Granithaus und konnte seine große Macht ungestört ausüben und seine Raubzüge unverfroren fortsetzen. Exkommuniziert von der Kirche, vom Reichstag verurteilt und vom Kaiser verfolgt, führte er sein Leben weiter, bis ihm der weiße Bart bis auf den Bauch reichte."
Am 21. September 1840, 5 Uhr abends fertigt er eine Zeichnung von Reichenberg an und schickt sie von Bingen aus nach Hause (Frankreich).
Im dritten Band der Werke von Wilhelm Heinrich Riehl: 'Durch tausend Jahre', finden wir eine Novelle mit dem Titel 'Burg Neideck 1876'. Es ist jene Novelle, die zu schreiben er sich vornahm, als er mit Victor von Scheffel in früheren Jahren Reichenberg besuchte. Damals äußerte er in einem Aufsatz seine Gedanken über die prächtige Ruine und beschloss eine Novelle 'Burg Neideck' zu schreiben. Sie beginnt:
"Es gibt in Deutschland mehrere Burgen dieses Namens, aber die schönste unter ihren Namensschwestern ist ohne Zweifel jenes Neideck."
Dem Wesen einer Novelle entsprechend, lässt er seiner Phantasie freien Lauf und 'erdichtet' eine Handlung mit dem Gemäuer der Burg als Mittelpunkt des Geschehens. Die Namensgebungen und Zeiten sind willkürlich und könnten zunächst Zweifel aufkommen lassen über die Zuordnung zu Reichenberg. Seine Kenntnisse über Reichenberg und deren Einbindung in den Text der Novelle sind jedoch unverkennbar.
"... zur zeit des Siebenjährigen Krieges war ein Teil der Burg noch bewohnbar, die größere Hälfte dagegen dachlos und verfallen."
"... drei Mann Besatzung, Invaliden, dienten auf Neideck, sie wohnten im kleinen Pförtnerhäuschen am Burgtor."
"... die arme Gemeinde Neideck - so nannte man zwölf strohgedeckte Hütten am Fuße des Burgberges."
"... aber o Staunen und Schreck! - die Burg hatte nur mehr einen Turm. ... da erkannte sie die traurige Wahrheit: die Burg hatte wirklich nur noch einen Turm."
Bereits 1347 gibt es auf Reichenberg einen Truchsess (mittelalterlicher Hofbeamter), über dessen Aufgabenbereich allerdings keine näheren Angaben vorliegen. Urkundlich erwähnt wird er lediglich als Zeuge in einem Besitzstreit in Nastätten. In dem Bestallungsbrief von Graf Wilhelm II von Katzenelnbogen für seinen Amtmann Johann Brenner von Lahnstein wird für seine Amtstätigkeit 'sin sloß Richenberg' und alle dazu gehörigen Schlösser auf dem Einrich angeführt. Demnach könnte die Burg Reichenberg Verwaltungsmittelpunkt des altkatzenelnbogischen Besitzes rechts des Rheins gewesen sein. Rheinfels hingegen war weiterhin Amtssitz für den linksrheinischen Teil des Katzenelnbogener Besitzes, aber auch Wohnsitz und Zollstätte.
Karte des landgräflichen Kartographen W.Dillich um 1607 mit dem Amt (AMPT) Reichenberg.
In den Reichenberger Rechnungen der Kellner Heinz von Ackerbach (1425), Konrad (Kontz) Letsche (1427-1455) und Klaus Kochel (1479) werden in Ein- und Ausgaben die Dörfer Kasdorf, Ruppertshofen, Oelsberg, Bogel, Auel, Wallmenach, Nastätten, Offenthal, Bornich, Patersberg, Weyer, Himmighofen, Zorn, Hilgenroth, Winterwerb und Lierschied genannt.
Zu den Aufgaben des Amtmannes oder Oberamtmannes gehörten Beurkundungen bei Kaufverträgen, Steigbriefen, Schlichtung von Grenzstreitigkeiten, Genehmigung von Baulichkeiten, Anlegung von Steuerlisten, Personenlisten (Seelenlisten), Überwachung der Zehnten, Finanzüberwachung, Überwachung der Waldungen, u.a.. Zahlreiche Schriftstücke der umliegenden Dörfer sind auf Reichenberg ausgestellt und beurkundet worden.
1453 Graf Philipp von Katzenelnbogen erteilt seinem Landschreiber zu Hohenstein und seinem Kellner Letsche zu Reichenberg auf Grund der Abrechnungen Entlastung. Die Stellung des Landschreibers lag über der des Kellners.
1479/80 Nach dem Tode des letzten Katzenelnbogener Grafen, Philipp d. Ä., beginnt auf dem Territorium der ehemaligen Niedergrafschaft die Hessische Herrschaft unter dessen Schwiegersohn Heinrich III von Hessen. Er funktioniert die aus Katzenelnbogener Zeit bestehenden Kellereibezirke um in Ämter und setzt zu deren Verwaltung Amtmänner ein. Burg Reichenberg wird für vier Jahrhunderte Verwaltungssitz hessischer Amtmänner.
Die Bedeutung der Burg als zeitweiser Wohn- und Aufenthaltsort einer Grafenfamilie mit Bediensteten, Knechten und Mägden, Abhaltung von Feiern und Festen, wenn Jagdgesellschaften in der Burg weilten, gehört der Vergangenheit an.
1480 Im Marburger Archiv befindet sich eine Übersicht der Einnahmen aus der Niedergrafschaft vom Jahre 1480. Darin ist Reichenberg als Amt mit den Orten Ruppertshofen, Bachheim, Zorn, Diethardt, Lierschied und Reitzenhain verzeichnet.
1534 Landgraf Phillip von Hessen will das Amt Reichenberg, das Thal (Dorf) und Schloss, an Dietrich vom Stein verkaufen mit allen Herrlichkeiten (Vogteien, Wildbann, Fischerei, Zinsen, Kirchsätzen, Höfen, Beden, Steuern, Korngülten, Weizengülten, Pfenniggülten, Gerichten, Äckern, Wiesen, Wäldern, Wasser und Weiden). Mit dem Erlös will er einen Feldzug gegen Württemberg teilweise finanzieren. Dietrich vom Stein fehlen aber die Finanzmittel, und so kommt der Verkauf von Reichenberg nicht zustande.
1536 Im Mann- und Dienerbuch Philipps des Großmütigen werden zum Amt Reichenberg als zugehörig aufgeführt:
Lautert, Ober- und Niederwallmenach, Reitzenhain, Auel,
Nochern, Weyer, Ruppertshofen, Bogel, Himmighofen,
Pissighofen, Pohl, Bettendorf, Lollschied,
Ober- und Niedertiefenbach, Nastätten, Ölsberg und Buch
Zeitraum | Amtmänner |
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Amtmänner auf Burg Reichenberg | |
1553-1577 | Hensel Wiederholt |
1579-1590 | Reinhard Wiederholt als Amtskellner auf Reichenberg. Er wurde auf dem Friedhof an der Kirche zu Patersberg (Pfarrkirche für Patersberg und Reichenberg) begraben. Die Grabplatte ist heute im Innern der Kirche angebracht. |
1591-1608 | Konrad Winter |
1609-1624 | Hans Heinrich Loskandt |
Aus dem Jahre 1614 liegt eine ausführliche Grenzbeschreibung des Reichenberger Amtes (Ampt) im Marburger Kammerarchiv vor.
"Designation der mahll, stein und uffworffenn des ampts Reichenbergk, wo daßelbigk ann unnd außgehet unnd wohin es grentzet, de anno etc. 1614"
... "Dieses ampt fengt an uff der hoehe disseyts Offenthall am landgraben, durch denselben herunder, der Goebelsborner bach nach, dahe doch die wiesen jenseyt der bach zum hause gehörigk unnd im burgkfriedden begriffenn werden, biß uff die bruckh bey der Lirschieder muhll, davonn dannen die bach hinunder biß ann einen weinbergk, der Caderich genandt, bey der Haßenmühl hin, so weitt in Rein als einr mit einem gaull reitten unnd mitt einem langen spieß reichen kan, vom Rein heruf nach Nochern zue biß uff die platt, da stehet ein stein."
Ausführlich (bei Sponheimer fünf kleingedruckte Seiten) wird der Grenzverlauf zu Nochern, Wellmich, Gemmerich, Pissighofen, Himmighofen, Miehlen (Mihlener hoffackher die unnderst forch), Marienfels, Nastätten (Nasteder wegk), Diethardt, Lautert, Oberwallmenach hinter der Alttenburgk herumb biß zur Heppenmühll beschrieben und durch zahlreiche Hinweise (mahll) wie Steine, Bäume, Hecken, Bäche, Flurnamen und Wege erklärt.
"... vonn dero Hepenmuhl die bach hinunder biß uff dene stein, welcher Hessen und Pfaltz unnderscheidet. Forthinn an das Bornecher gebückh zue unnd biß an dene landgraben, dahe man fornen angefangen."
Zeitraum | Amtmänner |
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Weitere Amtmänner | |
1628-1634 | Tilemann Regensdorf |
1636 | Daniel Schmalkalden. Von ihm berichtet Pfarrer Plebanus in seinem Tagebuch. |
1636 | Causen |
1639 | Philipp Balthasar Schmoll |
1647 | Daniel Strupp von Gelnhausen, Verteidiger der Burg bei der Belagerung im Familienstreit der Hessen (s. Burg) |
1649 | Helferich Ruppel |
1657 | Jacob Frey |
1660 | Sebastian Kaiser |
1672 | Herrmann Cappius |
1674 | Johann Brenner |
1709 | F. Evers |
1718 Die Amtmannsstelle geht an Franz Moses von Brenner als landgräfliches Erblehen von Reichenberg über. Er nimmt zwar Rechte und Vorteile wahr, unternimmt aber nichts gegen den Zerfall der Burg.
1748 Herabstürzende Mauerteile des 'hohen Baues' zertrümmern die bisherige Amtsstube in der Wohnung des Amtmannes (Burghof).
Als in Nastätten eine Oberschultheißerei mit Zustimmung der Rheinfelser Kanzlei entsteht und sie als Zwischeninstanz Justiz- und Gefälleverwaltung an sich reißt, sieht sich Herr von Brenner in seinen Rechten geschmälert und geschädigt. In langwierigen Prozessen entscheidet 1759 das Reichskammergericht zugunsten der Regelung der Kanzlei auf Rheinfels. Erst 1795 nimmt der Streit ein Ende, als der letzte von Brenner auf Grund eines Reichskammergerichtsurteils Burg und Amt Reichenberg verlässt. Fortan wird das Amt Reichenberg bis zur französischen Occupation 1806 von einem hessischen Amtsverwalter versehen.
1806 Als Bestandteil des Kurfürstentums Hessen-Kassel kommt der rechtsrheinische Teil der ehemaligen Niedergrafschaft, und damit auch Reichenberg, unter französische Verwaltung. Als Bestandteil der hessischen Niedergrafschaft auf der rechten Rheinseite wird es vom 20. November 1806 bis zum 1. November 1813 dem französischen Präfekten Pietsch vom Departement Donnersberg unterstellt, unter dem die alten Behörden von Langenschwalbach weiterarbeiten.
1813 Nach Auflösung der französischen Verwaltung (Blüchers Rheinübergang in der Neujahrsnacht 1813/14 in Verfolgung der französischen Armee) übernimmt Hessen für zwei Jahre wieder die Verwaltung. Im Vertrag vom 31. Mai 1815 zwischen Hessen und Nassau, versprach Preußen in einem Nebenartikel, falls es von Hessen-Kassel die Niedergrafschaft abgetreten erhielte, wolle Preußen den rechtsrheinischen Teil gegen einen Teil des Fürstentums Siegen wiederum an Nassau vertauschen.
1815/16 Die Neuordnung Europas auf dem Wiener Kongress reicht bis in kleinste Provinzen. Die Vereinbarungen zwischen Preußen, Hessen und Nassau kommen zum Tragen. Reichenberg gehört von nun an zum Herzogtum Nassau. Das hessische Amt Reichenberg wird aufgelöst und kommt mit 26 Orten zum Herzoglich-Nassauischen Amt St. Goarshausen.
Als 1866 das Herzogtum Nassau zu den Verlierern gehört, kommt es zum Königreich Preußen. Nach 50 Jahren bedeutender kulturgeschichtlicher Ereignisse und Entwicklungen gehört diese Epoche zwar der Vergangenheit an, wirkt sich aber in vielen sozialen, gesellschaftlichen und politischen Bereichen bis heute noch aus.
Trotz Burg, trotz Verleihung der Stadtrechte und trotz Verwaltungssitz eines Amtmannes mit entsprechenden Bediensteten über vierhundert Jahre, ist in der Enge des Tales keine größere Ansiedlung entstanden.
Altes Fachwerkhaus vor dem Marstall, erbaut 1723, abgebrannt 1963
Bilder der Burg Reichenberg
Weitere Informationen über die Burgen des Rhein-Lahn-Kreises finden sie beim Portal
burgdirekt - Burgen im Rhein-Lahn-Kreis
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Informationen zu den Grafen von Katzenelnbogen, speziell zu Graf Johann IV als Erfinder des Rieslings finden sie auf der privaten Seite von Werner Mohr:
www.graf-von-katzenelnbogen.com
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